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starke Mann vor dem Bette hin auf seine Kniee, weinte bitterlich und bat,
daß Gott sie erlösen wollet)
In diesem Kreise liebevoller, frommer Eltern und gehorsamer Kinder
mußten sich die Freunde des Hauses wohl fühlen. Keiner unter diesen ist
von größerer Bedeutung als Philipp Melanchthon. Mehr als 13 Jahre
jünger als Luther war er. Er stammte aus Bretten in der Pfalz aus einem
echt deutschen Bürgerhause. Sein Vater war der ehrsame Waffenschmied
Georg Schwarzerd. Aber diesen Namen übersetzte Philipp nach damaliger
Gelehrtensitte ins Griechische und nannte sich — Melanchthon. Schon in früher
Jugend zeichnete er sich durch außerordentliche Gelehrsamkeit aus. Be¬
sonders hatte er eine tiefe Kenntnis der griechischen Sprache. Deshalb wurde
er schon 1521 als Professor nach Wittenberg berufen. Hier erwarb er sich
die Liebe und Achtung der Studenten in hohem Grade durch sein freund¬
liches Wesen und seine tiefe Gelehrsamkeit. Mit Luther verband ihn bald die
innigste Freundschaft, obgleich beide von ganz verschiedener Art waren. Luther
war rasch, hitzig, rauh — Melanchthon sanft, nachgiebig, ängstlich. Aber was
jener durch seine Hitze verdarb, das brachte dieser durch Milde wieder ins
rechte Gleis. Beide zusammen machten den Mann aus, den Gott für sein
Reich brauchte.
Andere Freunde, denen Luther seinen Familienkreis öffnete, waren
Justus Jonas, Johann Bucheuhagen, Nikolaus Amsdorf, Magister Mat-
thesius. Zu ihnen gesellte sich auch der kurfürstliche Musik- oder Kapell¬
meister Walther. Denn Luther liebte über alles die Musik. Er selbst spielte
die Laute und hatte eine schöne Singstimme. Er lud deshalb oft feine
Freunde ein zum Gefange schöner mehrstimmiger Lieder, die wohl Meister Wal¬
ther aufgesetzt oder herbeigeschafft hatte. Das müssen trauliche Stunden gewesen
sein. Und wenn der Gesang schwieg, da sprachen Luther und die Freunde
ernste und bedächtige Worte. An Stoff dazu konnte es ihnen ja nie man¬
geln. — Auch an Scherz und launiger Rede fehlte es nicht, denn Luther
war im Freundeskreise gern heiteren Sinnes. Manches gute Wort ist von
den Freunden darnach ausgeschrieben und gesammelt worden. Wenn ihr
großer seid, fragt in der Volksbibliothek nach Luthers Tischreden; ihr
werdet viel Freundliches und Gutes darin finden.
21 Jahre lang genoß Luther den Segen eines christlichen Hausstandes.
Obgleich dem Alter nach kein Greis, fühlte er sich doch matt und sehnte sich
nach Ruhe. Oft lenkte er das Gespräch auf jenes Leben. Das Jahr 1546
rief ihn in feine Heimat nach Eisleben. Die Grasen von Mansfeld hatten
Streitigkeiten über die Silbergruben, die sollte Luther schlichten. Die Reife
war anstrengend und aufregend. Gefährlich war die Überfahrt über die an¬
geschwollene Saale. In kurzem fühlte sich Luther unwohl, und der Gedanke
beschlich ihn: „Wie, wenn ich hier zu Eisleben, wo ich geboren bin, auch
bleiben sollte?" — Seine Ahnung trog ihn nicht. Nach gläubigem Gebete
und dem lauten Bekenntnis, daß er auf Christum und die Lehre, die er ge¬
predigt, beständig sterben wolle, entschlief der teuere Gottesmann in den
>) Oberstufe S. 150.