Full text: Handbuch der deutschen Geschichte (3)

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ihm nachgesprungen und ihn mit eigener Lebensgefahr dem Untergange ent¬ 
rissen und in das Schiff zurückgebracht hätte. Hieraus suchen sie ihn mit 
Schmeichelworten zu trösten und führen ihn nach Köln. Die Kaiserin Agnes 
wollte ihrem Sohne weder nachfolgen, noch über die ihr zugefügten Beleidigungen 
Klage führen, sondern zog sich aus ihre eigenen Güter zurück und nahm sich 
vor, von nun an ohne Anteil an den öffentlichen Geschäften ihr Leben zu¬ 
zubringen. Die Erziehung des Königs und die Anordnung aller Staatsgeschäste 
war nun bei den Bischöfen, unter denen besonders die von Mainz und Köln 
hervorragten, von denen später noch Erzbischof Adalbert von Bremen oft hinzu¬ 
gezogen wurde. Dieser wußte den königlichen Knaben durch Nachgeben und 
Schmeicheln so an sich zu fesseln, daß er bald in der gemeinsamen Regierung 
die Alleinherrschaft beanspruchte. Die zweite Rolle nach ihm spielte Gras 
Wernheri, ein Jüngling, wild und feurig nicht allein durch fein Alter, sondern 
auch durch seine Sinnesart. Diese beiden herrschten statt des Königs nach ihrem 
Belieben. 
Adalbert von Bremen trifft der Vorwurf, daß er allen Neigungen des 
Jünglings nachgab, so sehr dieser auch noch der strengen Zucht bedurfte. 
Daraus erklärt sich auch die Unbeständigkeit und der Wankelmut, die Heinrich IV. 
in feinem späteren Leben oft zeigte. 
3. Wodurch wurde der Ausstand der Sachsen hervorgerufen? Warum 
unterstützten die Fürsten den König so wenig? Heinrichs Lebenswandel soll 
gleichfalls vielen zum Ärgernis gereicht haben. Schon in diesem ersten Streite 
stellten sich die Bürger von Worms auf Seite des Königs, der sie dafür mit 
ber Befreiung von Zöllen belohnte. Im Laufe der Zeit finden wir die Städte 
als die treuesten Stützen Heinrichs IV. 
Bei der Eroberung der Pfalzburg zerstörten die Sachsen die Kirche, rissen 
die dort ruhenden Gebeine zweier Angehörigen des Königs aus der Gruft und 
zerstreuten die Reliquien. Diese Ausschreitungen und die Furcht, daß der Auf¬ 
stand des Volkes weiter greifen möchte, führten einen großen Teil der Bischöfe 
und Fürsten zu Heinrich zurück. Bei Hohenburg an der Unstrut (1075) erlag 
das Fußvolk des Bauernaufgebotes den gepanzerten Reiterscharen des Adels. 
Nur durch den Ausbruch des Kampfes zwischen Kaiser und Papst wurde die 
Errichtung einer unumschränkten Königsherrschast im Sachsenlande verhindert. 
4. a) Die Belehnung mit Ring und Stab hieß Investitur (vom tat. 
investire = bekleiden). Wie wenig bei Vergebung der Bistümer auf die geistliche 
Würde geachtet wurde, ersehen wir daraus, daß der Gras von Aquitanien seinen 
fünfjährigen Sohn zum Bischöfe machte, daß manche Bischöfe fünf und mehr 
Bistümer besaßen — Das Bestreben, zunächst die Klöster dem Papste gänzlich 
zu unterwerfen, dann aber den Papst und die Bischöfe von den weltlichen Ein¬ 
flüssen frei zu machen, ging von dem Kloster Elngny in Ober-Burgund aus, 
wo besonders der Abt Odilo (994-1048) in diesem Sinne wirkte. 
b) Hildebrand, der spätere Papst Gregor VII., wurde durch ihn diesen 
Anschauungen zugeführt. Er war 1020 aus niederem Stande geboren, kam 
104,3 nach Rom, wo ihn der Papst zum Subdiakonns ernannte, d. H. zum Ver¬ 
walter der städtischen Angelegenheiten. So rasch stieg sein Ansehen, daß er 
schon 1055 hätte Papst werden können; doch verzichtete er auf diese Würde. 
Indessen blieb er der Vertraute der nachfolgenden Päpste unb bekämpfte besonders 
in Frankreich bie Priefterehe unb ben Verkauf geistlicher Ämter.
	        
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