Full text: Welcher die Calligraphie, Orthographie, Epistolographie und die Rechenkunst enthält (Theil 2)

von der Epistolographie. - 409 
EM Liebhaber, bald ein Client, bald - - - Nein, hier sehe 
sch eine leere Scene. In der jtoltzen Rolle eines Patrons hat 
^4) mein gutes Schicksal noch nicht bestimmen wollen, Ich 
^übe zwar ein paar guten Freunden einmal zu Aemtern gehol- 
fctt'; allein sie verdienten sie; sie waren auch viel klüger und 
beschickter als ich, und also bin ich wohl noch kein rechter Pa- 
^en gewesen. >' 
Itzt sehe ich meine alte Mutter auf mich zukommen. Doch 
^üi, sie sieht, daß ich schreibe, und schleicht gantz behutsam 
auf die andre Seite. Die liebe Mutter! Aber bald will ich 
i,e herholen, und mich an ihrem freundlichfrommen Gesichte, 
an ihren ehrwürdigen weissen Haaren, die ganhe Mahlzeit über 
^cht satt sehen. Ich bewirthe sie diesen Mittag. 
fromm, die du mich gebührst, hier, Theure, setz ich heute 
Mich voll Entzückung m Dir hin, > y- 
Ft eu^mich, daß du mich liebst, freu mich an Deiner Seite, 
Daß ich von Dir gebohren bin. 
freylich mag t.r Anblick meiner Mutter viel zu der Schönheit 
dieser Gegend beytragen, Alles was sie redt und thut, ist 
Liebe und Gewissen. Lassen Sie mich itnmer ein Hertz loben, 
Madam, mit dem Sic so viel Aehnlichkeit haben. Letztens 
best ihr meine Schwester aus einer von meinen Schriften et¬ 
was vor. Sie lächelt die qantze Zeit über. „Das hat er 
r»ganh hübsch gegeben, fangt sie endlich an. Wer muß ihm 
»'doch das alles gesagt haben? - - Er hat es doch auch selbst 
"gemacht?"- - Ich habe freylich wohl eine Freude, wenn ich 
»ahn loben höre - - Die Leute werdenS doch aufrichtig mey- 
,,nen - . Ich höre, daß er zuweilen in seinem Schriften von 
"der Liebe redt, und äusserlich thut er nun gar nicht, als ob 
"er dem Frauenzimmer gut wäre - - Je nun, man kan ja 
'-einander in allen Ehren gut seyn. - - Er ist stets still und ein- 
"stezogen gewesen. „ - - Ja, Madame, ich gefalle mir in die¬ 
sem mütterlichen Lobe, voll natürlicher Unschuld, mehr, als 
wenn mich eine ganhe Nachwelt gelobt chatte. Wie glücklich 
bin ich, daß ich von ihr abstamme! Endlich nähert sie sich mir.
	        
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