Full text: Handbuch der deutschen Geschichte (3)

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1714 hin. Am Ende setzte es Ludwig XIV. doch durch, daß sein Enkel 
König von Spanien wurde. 
Das arme Deutschland war wieder aus weiten Strecken ver¬ 
wüstet worden. Tie Franzosen schleppten einmal binnen 6 Wochen 
9 Millionen Gulden bares Geld aus Württemberg fort, dazu ungeheure 
Mengen Getreide und Vieh. Wie groß waren also die Verluste der 
12 Kriegsjahre! Aber an Frankreich rächten sich jetzt diese Raubkriege. 
Um das Geld für die fortwährenden Feldzüge auszubringen, mußten 
die Franzosen hohe Steuern zahlen; viele Einwohner gingen zu Grunde, 
und der Staat machte ungeheure Schulden. Ludwig XIV., der einst so 
sehr geliebt und verehrt war, wurde jetzt allgemein gehaßt; man sah 
es als eine Strase des Himmels an, daß dem Könige ein Sohn und 
zwei Enkel starben. Er selbst erkannte sein Unrecht und sagte aus dem 
Sterbebette zu seinem Nachfolger: „Suche deu Frieden mit deinen 
Nachbarn stets zu erhalten; ich habe den Krieg zu sehr geliebt. Ahme 
mir darin nicht nach und ebenso wenig in den großen Ausgaben, welche ich 
gemacht habe. Erleichtere die Steuern deiner Unterthanen, sobald ön irgend 
kannst, und thue das, was ich unglücklicherweise nicht habe thun können". 
. Zum Unglücke für Frankreich und für Deutschland nahm sich sein 
Nachfolger, der Ludwig XV. hieß, diese Worte nicht zu Herzen. Er selbst 
war zwar viel zu bequem dazu, in den Krieg zu ziehen; aber er wollte 
den müßigen Adligen und Generalen eine Abwechselung und Gelegen« 
heit Zur Bereicherung geben. Daher erklärte er unter ganz nichtigen 
Vorwänden im Jahre 1733 den Krieg an Deutschland. Wie feine 
Loldaten mit den deutschen Bürgern und Bauern verfuhren, ersehen 
wir aus einem Briese des Prinzen Eugen an den französischen Befehls¬ 
haber^ In diesem heißt es: „Ihre Soldaten, nicht zufrieden, selbst 
jette Ortschaften zn plündern und zn verbrennen, welche mit ihren 
eigenen Schutzbriefen versehen sind, überlassen sich Exzessen «Aus- 
lchwet|ttngen), von denen die Geschichte nicht viele Beispiele auszuweisen 
haben wird. Sie respektieren (achten) weder die Kirchen noch die ge¬ 
weihten Hostien, welche sie zur Erde Wersen; nicht die Priester, welche 
lie an Die Fenster und Thüren der Häuser binden; nicht die Frauen 
weiche sie mit den Händen an die Bäume nageln, endlich die unschuldigen 
•Sander nicht, welche sie in gräßlicher Weise verstümmeln". 
Es war ein Glück zu nennen, daß der Krieg nur zwei Jahre 
dauerte; aber tm Frieden verlor Deutschland das Herzogtum Loth- 
ringen, bas bis 1871 bei Frankreich blieb. 
(Aus des Verfassers „Vaterländischen Gedenktagen" [£. IV.J). 
Vertiefung. 1. Frankreich war besonders mächtig geworden unter der 
ifio, iJ?eter ^'vorragender Minister, der Kardinäle Richelieu, der von 
4-1642 unter dem schwachen Ludwig XIII. die Geschäfte leitete, und Ma- 
Sstim der von 1643-1661 während der Jugendzeit Ludwigs XIV. regierte 
»e)onberS der erstere hatte die Macht der Prinzen, des Adels, der Stünde und 
aLlT d^estanten (Hugenotten = Eidgenossen) gebrochen und alle 
und tL7 - V i}a'!i f "iflS flC0C6en' ®iEfer schar,sinnig, th°t°nlus,ig 
«mttiaitis; tüchtige Feldherren führten seine Heere on; durch weise Ein- 
Hübner, Handbuch der deutschen Geschichte. Iß
	        
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