3. Die Zahl der Klöster und Mönche wuchs außerordentlich rasch In
oas von Bonifatius gestiftete Kloster Fulda führte sein Schüler Sturm sieben
Mönche; doch noch zu seinen Lebzeiten vermehrte sich ihre Zahl auf 500. Be-
nebift von Aniane, ein Zeitgenosse Ludwigs des Frommen, brachte sein Kloster
uon 300 auf 1000 Mönche. Später vermehrten sich die Güter mancher Kloster
außerordentlich. Vom Kloster Reichenau pflegte man zu sagen: Der Abt könne
nach Rom reisen und auf eigenen Gütern überall Mittag und Nacht halten.
Das Kloster Fulda besaß gegen 15000 Meierhöfe. Die Äbte dieser Klöster
erhielten m späterer Zeit Fürstenrang und waren dem Kaiser unmittelbar
untergeben.
4. Eine sehr anschauliche Schilderung der Verteidigung des Klosters
St. Gallen giebt die Chronik dieses Klosters. Der betreffende Abschnitt ist in
G. Freytags „Bildern aus der deutschen Vergangenheit" Band I. und in A. Richters
„Quellenbuch" abgedruckt.
5. Über die Bedeutung des Ordenswesens sagt Montalembert: „Be¬
wundern wird man die Urbarmachung so vieler Wälder und wilder Einöden, das
Vervielfältigen und Bewahren so vieler litterarischer und historischer Denkmäler
und die staunenswerte klösterliche Gelehrsamkeit, die sich durch nichts anderes er¬
setzen läßt. Was aber noch ganz anders Bewunderung und Dank verdient, das ist
der ununterbrochene Kampf der sittlichen Freiheit gegen die Knechtschaft des
Fleisches; das beharrliche Streben des Willens nach Erwerb und Bewahrung
christlicher Tugend, der siegreiche Aufschwung der Seele zu den höchsten Regionen,
wo sie allein ihre ewige Größe findet."
Die Kunst war im Beginn des Mittelalters fast ausschließlich kirchlichen
Zwecken gewidmet; die Dichtung meist lateinisch. Eines der berühmtesten Lieder
des Mittelalterv „Media vita in morfce sumus— Mitten wir im Leben sind vom
Tod umgeben" ist von dem Mönche Notker aus St. Gallen gedichtet.
Die Handschriften des Mittelalters sind oft mit großer Kunstfertigkeit
ausgeführt, man schrieb auf purpurnes Pergament mit Gold und Silber; die
Anfangsbuchstaben waren oft mit schönen Bildern (Miniaturen) geschmückt, auch
bie Formen der Buchstaben meist recht sorgfältig ausgeführt. So ist es er¬
klärlich, baß bie Anfertigung eines Buches sehr lange Zeit in Anspruch nahm
6. Der Franziskanerorben würbe vom hl. Franziskus von Assisi i. I.
1212 gestiftet. Dieser, ber Sohn eines reichen Kaufmanns, verzichtete aus Liebe
zu Gott auf fein Vermögen, sammelte Genossen um sich, mit benen er Armut
unb Demut prebigte, und wirkte vor allem durch das Beispiel der Selbstverleug¬
nung. Die Franziskaner sollten sich aller Güter entäußern und nur von täg¬
lichen Almosen leben. Kurze Zeit nach dem Tode des Stifters zählte der
Orden bereits 200 000 Mitglieder. Der Stifter des Dominikanerordens ist der
hl. Dominikus, ein Spanier, der mit 20 Jahren zu den bedeutendsten Gottes¬
gelehrten gehörte. Auf einer Reise nach Frankreich begann er die Bekehrung
der Albigenser und erlangte durch seine Beredsamkeit und Milde große Erfolge.
Mit 16 Gehilfen gründete er 1215 den Orden der Dominikaner, dessen Haupt¬
ziel die Bekehrung der Irrgläubigen war. Der Orden breitete sich rasch aus
und gewann große Macht; zu seiner Blütezeit zählte er gegen 150 000 Mit
glieder. Dem Orben gehörten Thomas von Aquin, Albert ber Große, Johann
Tauler, Las Casas, Vincenz von Leauvais unb anbete bebeutenbe Männer