Full text: Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte (Band 1)

Nur fiel es dem Klausner auf, daß Rodbert nie von 
seiner Vergangenheit sprach, ja daß er es ängstlich zu 
vermeiden schien, die Rede darauf zu bringen. 
Auch jetzt empfing der Pater den Köhler mit herz¬ 
gewinnender Freundlichkeit. Er führte ihn und Bertha 
in seine Klause und setzte ihnen dort vor, was er hatte, 
Käse, Brot und frisches Wasser aus dem nahen Bächlein. 
Während dieses einfachen, aber durch gute Reden ge¬ 
würzten Mahles erzählte Rodbert, was er heute im Walde 
gefunden habe. Hier hatte er ein Kräutlein, aus dem 
er einen Saft auspreßte, der die Eigenschaft hatte, ver¬ 
minderte Sehkraft zu stärken; dort eine Wurzel, aus der 
er eine Salbe für alte, bösartige Wunden bereitete. Aus 
diesen Blüten wurde ein hustenstillender Thee bereitet, 
aus jenen ein Mittel, um die langen, schlaflofen Nächte 
abzukürzen. Auch Pilze und Beeren, ja selbst Insekten 
und Schnecken hatte er mitgebracht, die ihm zur Bereitung 
mancher Arznei nötig waren. Mit großer Aufmerksamkeit 
hörten Wilbrand und Bertha seinen Worten zu; er wußte 
jede Pflanze, jedes Tierchen zu beuenueu und von einigen 
gar anmutige Geschichten zu erzählen. Wenn er so bei 
seinen Kräutern und Blumen saß und seinen beiden an¬ 
dächtigen Zuhörern die Eigenschaften derselben erklärte, 
vergaß er, daß die Menschen ihn als einen Geächteten 
betrachteten, und sein sonst oft so finsteres Gesicht erhellte 
sich. Erst als es Abend wurde, nahmen er und Bertha 
von dem Klausner Abschied, um ihre Hütte oben im 
Walde aufzusuchen; Bertha aber versprach, sckon am 
andern Tage wieder zu kommen und abermals einen Korb 
mit Beeren zu bringen. 
Vasten wir die beiden einstweilen ziehen, und wenden 
wir uns wieder dem Klausner zu, der, als er wieder 
allein war, sein Glöcklern läutete und vor dem ephenum- 
rankten Altar sein andächtiges Gebet verrichtete. Alsdann 
setzte er sich, weil der Abend warm war, wiederum auf 
die Bank vor seiner Hütte, und wir wollen die Gelegenheit 
benutzen, die Gedanken, die an seinem Geist vorüberziehen, 
zu erlauschen.
	        
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