Full text: Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte (Band 1)

II. Friedrich 1, Barbarossa. 7. Bedeutung der Regierung Friedrichs I. 491 
Die wichtigste Stütze für die glänzende Macht, in deren Besitz wir 
Kaiser Friedrich während der letzten Jahre feiner Regierung finden, war 
die Anhänglichkeit der lombardischen Städte. Der vergebliche Kampf gegen 
diese hatte ja das schwerste Stück Arbeit in dem arbeitsvollen Leben des 
großen Staufers gebildet. Der Standpunkt, von dem aus der Kaiser die 
in den Zeiten ber Ohnmacht des Reiches entwickelte Selbständigkeit der 
republikanischen Kommunen Oberitaliens bekämpfte und als unvereinbar mit 
dem vom ihm durchzuführenden Systeme kaiserlicher Herrschaft vernichten 
zu müssen glaubte, war schließlich als ein unhaltbarer, als theoretisch vielleicht 
richtig, aber als Praktisch durchaus undurchführbar erwiesen worden: man be¬ 
greift es, wie auch nach der Niederlage von Lepano (1176) Friedrich diesen 
aufzugeben sich nur mühsam entschließen konnte; aber um so mehr muß man 
es ihm als einen glänzenden Beweis wahrhaft staatsmännifcher Einsicht und 
staatsmännischen Mutes anrechnen, daß er es am Ende doch über sich gewann, 
mit dem ein Vierteljahrhundert hindurch verfolgten Systeme, für dessen Durch¬ 
führung schon so ungeheure Opfer gebracht waren, vollständig zu brechen, 
als sich dasselbe eben als völlig undurchführbar erwiesen hatte. Der neue 
Weg, den Friedrich nun betrat und der zum Konstanzer Frieden führte, hat 
den Kaiser in kurzer Zeit zu Erfolgen und zu einer Machtfülle in Ober¬ 
italien gelangen lassen, wie er sie so sicher und daher so wirksam selbst nach 
der Zerstörung Mailands nicht besessen hatte. 
Auch sonst konnte die Regierung Friedrichs I. sich getrost mit den 
glänzendsten Zeiten aus der Vergangenheit des Reiches vergleichen lassen. 
Böhmen, Polen und Dänemark hatten sich der Oberhoheit Deutschlands von 
neuem beugen müssen, und der Glanz dieser Erfolge wurde dadurch nicht 
geschmälert, daß der Herzog von Polen allezeit nur ein sehr unsicherer Lehns¬ 
mann gewesen war und Dänemark zuletzt eine offen feindselige Haltung an¬ 
genommen hatte. Dafür war im Südwesten das lange entfremdete Burgund 
wieder gewonnen und fester als je zuvor dem Verbände des Reiches ein¬ 
gefügt worden. 
Mit Nachdruck und glücklichem Erfolge hatte Friedrich die Rechte 
Deutschlands in den westlichen Grenzmarken dem vergrößerungslustigen 
Frankreich gegenüber wahrgenommen: er hatte den unruhigen Philipp 
August II. nicht bloß Frieden zu halten genötigt, sondern durch geschickte 
Benutzung der politischen Verwickelungen zum Bundesgenossen gegen die 
Koalition der Welfen, Philipps von Köln und feiner deutschen Bündner, 
Englands und der Hierarchie gewonnen. Daß ihm die Sprengung dieses 
gefährlichen Bündnisses gelungen war, ohne daß er die Gewalt der Waffen 
anzurufen brauchte, hatte am deutlichsten gezeigt, wie fest auch im Innern 
des Reiches seine Herrschaft begründet war, und wie das Königtum durch 
die selbständige Stellung des deutschen Fürstentums sich nicht notwendig zur 
Unbedeutendheit verurteilt sah. 
So nach innen und außen mächtig gebietend, ein glücklicher und ge¬ 
ehrter Herrscher, hochangesehen weit über die Grenzen des Reiches hinaus, 
daheim von einem dankbaren Volke gefeiert als die Verkörperung der nationalen 
Macht und Herrlichkeit desselben, durch die vom Papste zugesicherte Kaiser¬ 
krönung seines Sohnes Heinrich der von früheren Herrschern vergeblich er-
	        
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