204 Siebter Zeitraum. Vom Wests. Frieden bis zur Thronbesteigung Friedrichs d. Gr.
20 000 Salzburger angesiedelt, die wegen ihres evangelischen Glaubens
ihre Heimat verlassen hatten. Für die Domänen, welche durch Ankauf
so vermehrt wurden, daß sie ein Drittel des ganzen Staates umfaßten,
gab Friedrich Wilhelm genaue Anweisungen, um sie zu Musterwirtschaften
zu machen. Die Bauern der königlichen Güter befreite er von der Leib¬
eigenschaft, so daß sie nur noch erbuntertänig waren. Auch verbot er
den Gutsherren ebensowohl wie den Pächtern der Domänen das Prügeln
der Untertanen. Wie der Große Kurfürst trat er dem Mißbrauch ent¬
gegen, den manche Beamte und Offiziere mit dem Vorspanndienst der
Bauern trieben. In diesem Sinne schrieb er an die Behörden: „Ich will
nicht, daß die Herren Räte in den Provinzen mit meiner Bauern Pferden
spazieren fahren."
Zur Förderung des G e w e r b e f l e i ß e s schärfte der König dem
General-Direktorium ein, dafür zu sorgen, daß alle Gattungen von Manu¬
fakturen, die noch nicht im Lande vorhanden seien, daselbst eingerichtet
werden sollten. Namentlich das Wollengewerbe suchte er auf alle Weise
zu heben, indem er dabei betonte, daß dadurch „viele arme Leute ihr Brot
haben können". Die Beamten und Offiziere waren streng angewiesen, nur
einheimisches Tuch zu tragen. Gegen den Wettbewerb des Auslandes schützte
er die vaterländische Industrie durch hohe Grenzzölle sowie durch Einfuhr¬
verbote (vgl. S. 178).
Auch für die wirtschaftlich Schwächsten, die mittellosen Kranken und
die Waisen, hatte der König ein warmes Herz. So errichtete er in Berlin
ein Krankenhaus, die sog. Charite, und in Potsdam das große Militär¬
waisenhaus.
3. Tie Stellung zu dem geistigen Leben des Bolkes. Für Wissen¬
schaften und Künste besaß der König weder Neigung noch Verständnis.
Ja er liebte es sogar, die Gelehrten zu verspotten, und nannte sie wohl
Federfuchser und Bärenhäuter. „Unter Friedrich I. war Berlin
das nordische Athen, unter Friedrich Wilhelm ward es
zum Sparta" (Friedrich der Große). Nur solche Kenntnisse und Fertig¬
keiten, die einen handgreiflichen Nutzen für das Leben haben, wie
z. B. die Wundheilkunde (Chirurgie), konnten auf die Unterstützung des
Königs rechnen.
Großartiges leistete Friedrich Wilhelm für die Bildung der niederen
Volksklassen. Mehr als 2000 Volksschulen hat er gegründet1, und mit
Recht nennt man ihn den Vater der preußischen Volksschule; denn
1 Gegenwärtig gibt es in Preußen bei 40 Millionen Einwohnern etwa
40 000 Volksschulen.