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Volke hieß er auch 'der große Wolf,' 'der Herr der Zeit' und 'der 
Eroberer der Welt.' Das Blut von Huuderttauseudeu sließeu zu 
lassen, war seine Wonne, unb sein wilder Ehrgeiz hatte keinen 
andern Zweck, als die unersättliche Lust des Eroberns und Herr- 
schens; in der schonungslosesten Nachsucht und in der wildesten 
Barbarei Übertraf er auch den entsetzlichen Dschingischan. 
Durch außerordentliche Tapferkeit und Herrscherklugheit schwang er 
sich auf den Thron von Dschgatai, und Samarkand ward $u seinem 
Herrsch ersitz erhoben. Aber dieser Krone fügte er noch sechsund¬ 
zwanzig andere hinzu, die seine Beute wurden in den fünfund¬ 
dreißig Jahren seiner Negierung und seiner Kriegszüge, aus welchen 
er die Völker von der chinesischen Mauer bis zum Mittelmeer, 
vou Moskau bis an die Grenzen Egyptens unterwarf: wie nur 
ein Gott, solle auch nur ein Herrscher auf Erden sein, sagte Timur. 
Verheerte und entvölkerte Länder, zerstörte Städte und Schädel- 
pyramiden waren die Denkmäler, die er zurückließ. Nachdem die 
persischen Mongolen unterworfen waren, machten die Einwohner 
einer Stadt einen Aufstand; Timur ließ zweitausend derselben 
lebendig über einander schichten und statt Bausteine mit Lehm 
und Kalk zu Türmen ausmauern. Eine andere Stadt wagte 
gleichfalls Empörung; da gab Timur Befehl zur Wiederbesetzuug 
mit stürmender Hand, zur Plünderung und zum allgemeinen Blut¬ 
bad der Rache. Jeder Soldat ward zur Lieferung einer bestimmten 
Anzahl von Köpfen aufgeboten; viele aber waren zuletzt von Blut 
und Beute so übersättigt, daß sie die vorgeschriebenen Köpfe lieber 
kauften. Nach der geringsten Angabe waren es siebzigtausend 
Erschlagene, die hier den Rache- und Blutdurst des Wütherichs 
befriedigen mußten. Auch über den Indus richtete der Mongole seine 
blutig stammende Laufbahn, und noch ehe daselbst eine Schlacht 
geschehen war, schleppte das Heer schon über hunderttausend Ge¬ 
fangene mit sich. Bei Delhi erwartete sie Mahmud II. mit der 
gesammelten Reichsmacht. Als der Anblick seiner Kriegselephauten 
auf den Gesichtern der Hindusklaven freudige Erwartungen zeigte, 
befahl Timur, sie sämmtlich niederzuhauen, und eine Stunde kostete 
mehr als Huuderttausenden das Leben. Noch größer war das 
Gemetzel in der darauf folgenden Schlacht, in welcher die Mon¬ 
golen, trotz hartnäckiger Gegenwehr und trotz des betäubenden 
Lärms der indischen Glocken und Trompeten und der Becken¬ 
schläge, die von den Rücken der Elephanten herab ertönten, ihre 
Feinde niedermähten. Delhi ivurde geplündert, von den über¬ 
lebenden Einwohnern schleppte jeder Mongole so viel Sklaven 
fort, als er wollte, und gemeine Soldaten zogen wohl mit fünf¬ 
hundert davon. Von den rauchenden Trümmern, die er an Delhi's 
Stelle hinterließ, eilte Timur gen Merut, eroberte es und ließ die 
ganze Bevölkerung lebendig schinden. Nach einem ebenso blutigen 
Rückzüge wurde Siwas, damals eine der bevölkertsten Städte
	        
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