Full text: Deutsche Geschichte vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Gegenwart (Teil 2)

Dritter Abschnitt. Wiedergeburt Preußens und Befreiung Deutschlands. 247 
der Leibeigenschaft, Gleichheit der Stände vor Sem Gesetze, Schwurgerichte). So 
kam es, daß man hier trotz schweren Druckes Napoleon als einen zweiten Karl 
den Großen verehrte. 
Unter solchen Umständen mochte wohl mancher vaterlandsliebende Deutsche 
an der Zukunft seines Volkes verzweifeln. 
Dritter Abschnitt. 
Die Wiedergeburt Preußens und die Befreiung Deutschlands 
von der Fremdherrschaft (1807—1815). 
Was in den Jahren 1806 und 1807 in Preußen vorging, zeigte deutlich 
die Notwendigkeit einer durchgreifenden Umgestaltung auf allen Gebieten des 
öffentlichen Lebens. Man erkannte, daß man „auf den Lorbeeren Friedrichs 
des Großen eingeschlafen" war (Worte der Königin Luise). Der Erkenntnis 
folgte die Tat. Die Wieder geb urt Preußens vollzog sich in der Zeit von 
1807 bis 1812, und zwar im Gegensatze zur französischen Revolution auf un¬ 
blutige, friedliche Weise. 
Währenddessen griff dieGewaltherrschaftNapoleons immer weiter 
um sich. Vereinzelte Erhebungen und Volkskriege vermochten sie nicht zu er¬ 
schüttern, bis schließlich nach dem unglücklichen Feldzuge Napoleons gegen 
Rußland (1812) jener Riesenkampf entbrannte, in welchem die europäischen 
Völker das französische Joch abschüttelten und Deutschland unter der hervor¬ 
ragenden Teilnahme des wiedererstarkten Preußens die endgültige Befreiung 
von der Fremdherrschaft errang (1813 — 1815). 
I. Die Wiedergeburt Preußens. Bei dem großen Werke, das Friedrich 
Wilhelm III. nach dem Tilsiter Frieden begann, wurde er von einer Reihe 
bedeutender Männer beraten und unterstützt, von denen in erster Linie 
Stein und Scharnhorst zu nennen sind. 
Karl vom und zum Stein wurde geboren zu Nassau a. d. Lahn. Er 
war der Sproß eines reichsunmittelbaren Rittergeschlechts. Nach Vollendung seiner 
Studien trat er in preußische Dienste, und zwar zunächst in die Verwaltung 
der Provinz Westfalen. Darauf kam er als Handelsminister nach Berlin, wurde 
aber wegen seines „trotzigen" Benehmens entlassen (4. Januar 1807). Im Herbst 
des Jahres 1807 berief Friedrich Wilhelm ihn an die Spitze des Staates. 1807 
Aber nicht viel länger als ein Jahr blieb Stein in dieser Stellung. Von 6i§ 
Napoleon geächtet, floh er nach Österreich und von da einige Jahre später 
nach St Petersburg (1812). Hier wurde er der Berater des Zaren, der 
inzwischen sich wieder mit Napoleon verfeindet hatte. Auch während der Be¬ 
freiungskriege sehen wir ihn an der Seite des russischen Kaisers. Nachher lebte 
er auf seinem Gute Kappenberg in Westfalen, wo er im Jahre 1831 gestorben 
ist. Stein war ein echter Rheinsranke mit lebhaftem Temperament, ein 
Mann von klarern Verstand und entschiedenem Willen, voll Begeisterung sür das 
deutsche Vaterland, gottesfürchtig und dabei ohne Furcht vor den Menschen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.