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Gesetze noch nicht schriftlich festgelegt waren. Nach
jahrelangem Drängen der Plebejer wurden 451 zehn Männer, die
Dezemvirn, mit konsularischer Gewalt an die Spitze des Staates
gestellt, damit sie Gesetze ausarbeiten sollten. Sie ließen diese auf
zehn Bronzetafeln aufzeichnen und öffentlich ausstellen.
Im nächsten Jahre wurden wieder Dezemvirn gewählt, die noch
zwei Tafeln mit Gesetzen hinzufügten. Durch das Zwölslafekgefetz
erhielt das gesamte römische Volk ein gemeinsames Ehe-, Eigen¬
tums-, Prozeß- und Strafrecht. Es bildet die Grundlage
des „römischen Rechtes", das noch die Quelle unseres Staats¬
und Privatrechts*) ist. Die Dezemvirn versuchten aber eine Gewalt¬
herrschaft aufzurichten. Einer von ihnen, mit Namen Appius
Claudius, wollte der Sage nach Virginia, die Tochter eines
Plebejers, in seine Gewalt bringen; der Vater konnte sie nur
dadurch retten, daß er sie erstach. Deshalb unternahmen die Plebejer
einen zweiten Auszug auf denHeiligenBerg. Nun wurde
die Herrschaft der Dezemvirn gestürzt und das Volks-
tribunat wiederhergestellt.
d. Die Gkeicklftekkavg der Stände. Die Plebejer verlangten bald
nicht nur Schutz gegen die Bedrückungen durch die Patrizier, sondern
sie forderten auch völlige Gleichstellung mit ihnen. Zuerst
erreichten sie, daß die Ehen zwischen den beiden Ständen
als rechtsgültig angesehen wurden.
Nach langen Kämpfen setzten die Tribunen Lidnius und Sex-
tius durch (sog. £icimfchc Gesetze), daß stets einer der beiden Konsuln
ein Plebejer sein müsse, und daß kein Bürger mehr als 500 Morgen
Staatsländereien in Erbpacht haben dürfe. (Vgl. Solonische Ver¬
fassung S. 33.) Die dadurch frei werdenden Staatsländereien
sollten an Plebejer verteilt und dadurch ein unabhängiger, freier
Bauernstand geschaffen werden. (Vgl. die Aufhebung der Erb¬
untertänigkeit in Preußen.)
Um immer noch Vorrechte gegenüber den Plebejern zu besitzen,
hatten die Patrizier während der Verfassungskämpfe mehrere neue
Ämter geschaffen, die nur ihnen allein zustanden:
aa. Die Zensor. Die Zensoren wurden alle 5 Jahre aus der
Reihe der ehemaligen Konsuln gewählt. Sie hatten alle 5 Jahre die
römischen Bürger nach dem Vermögen in die Klassen einzuschätzen, was
etwa 18 Monate in Anspruch nahm. Die Zensoren hatten auch den
Staatshaushalt zu regeln und durften Unwürdige aus dem Senat aus¬
stoßen; so gewannen sie allmählich die Oberaufsicht über die Sitten
der Bürger. Infolgedessen standen sie später in höherem Ansehen
als die Konsuln.
*) Das Staatsrecht regelt das Verhältnis des einzelnen Bürgers zum
Staate, das Privatrecht die Beziehungen der Bürger zueinander.