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§ 1. Die Buchdruckerkunst.
Erster Abschnitt.
UorW der Neuen Zeit 1450—1517,
A. Wiederaufleben der Künste und Wissenschaften
und die großen Länderentdeckungen.
§ 1-
Tie Buchdruckerkunst.
1. Die Erfindung Johann Gutenöergs. Bis gegen Ende des
Mittelalters waren Bücher und Schriften nur durch mühseliges Ab¬
schreiben vervielfältigt worden. Man benutzte ursprünglich Pergament,
seit 1200 auch Linnenpapier. Der gemeine Mann konnte meist weder
lesen noch schreiben und wäre auch wegen der hohen Kosten nicht im¬
stande gewesen, Handschriften zu erwerben. So waren Bücher und
Bildung ein Vorrecht der Besitzenden. Etwa seit 1400 kannte man
ziemlich allgemein die Fertigkeit, von geschnittenen Holztaseln einseitige
Abdrücke zu gewinnen („fliegende Blätter") und diese auch in Buchform
zusammenzufügen („Blockbücher"). Da gelang es um 1450 nach langen
Versuchen dem „Briefdrucker" Johann Gutenberg aus Mainz, den Schrift¬
satz aus beweglichen Lettern herzustellen, die nach erfolgtem Abdruck
neue Zusammensetzungen und damit die Vervielfältigung auch umfang¬
reicherer Werke gestatteten. Die neue Kunst wurde rasch vervollkommnet.
Schon nach wenigen Jahrzehnten bestanden in allen Städten Europas
wohleiugerichtete Druckereien, die Bücher und Schriften der alten uud
der neuen Sprachen in unabsehbarer Zahl auf den Markt brachten.
2. Aolgen und Wirkungen. Die Buchdruckerkunst ermöglichte
eine wohlfeilere Herstellung und leichtere Verbreitung der Schriftwerke.
Indem sie aber auf diese Weise gemeinnützige Kenntnisse und höhere
Bildung überallhin verbreiten half, rief sie zugleich eine geistige An¬
näherung der Völker wie der einzelnen hervor. Den Wissenschaften
wurden die Geistesschätze des Altertums wieder eröffnet; fast gleichzeitig
mit der Wissenschaft uud durch sie gefördert, war die Kunst in neue
Bahnen eingetreten. Auf allen Gebieten regte sich ein freieres Schaffen
und Forschen; auch die kommende Kirchenreformation war eine der Äuße¬
rungen dieses neuen Geistes.