Full text: Lehrbuch der Geschichte für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten

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Verpflichtet. Der ehrenvolle Roßdienst näherte den freien Vasallen dem ab¬ 
hängigen Ministerialen, so daß der beiden gemeinschaftliche Name Ritter auf- 
kam und sich im 12. Jahrhundert ein Ritterstand erhob. Bezeichnend für 
ihn war die Schwert leite (Umgürtung mit dem Schwerte), die nach Eintritt 
der Mündigkeit in öffentlichen Versammlungen erfolgte und für alle vom König 
bis zum Ministerialen herab üblich loctr. Für den, der Freiheit und Ritter- 
tum miteinander vereinigte, findet sich auch der Name freier Herr oder bloß 
Herr (auch Baron — Mann). Eine Stufe höher noch standen die Großen 
oder Fürsten; aus ihren Reihen ward der König gewählt. 
Die Fürsten. 
a) Weltliche (Grafen und Herzöge). Die Grafen waren die Vor- 
steher eines Gaues und hier die regelmäßigen Vertreter des Königs in Gericht 
und Heer; zugleich hatten sie die Verwaltung der königlichen Einkünfte ihres 
Bezirks. Wie der Graf zum Gau, so stand der Herzog zum Stammesgebiet; 
den Landsrieden hier zu sichern und im Kriegsfall das Aufgebot des Stammes 
zu führen, waren seine vornehmsten Aufgaben. 
Unter den Grafen hoben sich hervor die Burggrafen, Landgrafen, Mark- 
grasen und Pfalzgrafen. Die Burggrafen waren Befehlshaber königlicher 
Burgen, doch auch Vasallen geistlicher Stifter, die in den Bischofsstädten die 
den Bischöfen verliehenen gräflichen Rechte übten. In zwei Landschaften, in 
Thüringen und im Elsaß, bildete sich der Name Landgraf aus. Der 
Markgraf beherrschte ein größeres Grenzgebiet. Die Pfalz grasen sollten 
den Herzögen gegenüber (also in Lothringen, Sachsen, Schwaben, Baiern) die 
königlichen Rechte vertreten. 
b) Geistliche Fürsten (Bischöse und Äbte der reichsunmittelbaren 
Klöster). Seitdem die Bischöfe und Äbte durch Ausstattung mit Besitz und 
staatlichen Rechten zu geistlichen Fürsten (vgl. S. 25) erhoben worden 
waren, übten die Könige einen Einfluß auf deren Ernennung. Es ward Sitte, 
daß nach dem Tode eines Bischofs oder Abtes die Zeichen der Würde, Ring und 
Stab, an den Hof gebracht wurden. In öffentlicher Versammlung empfing 
dann der Neuerwählte aus der Hand des Königs jene Zeichen und damit Amt 
und Würde. Erst hierauf erfolgte die kirchliche Weihe. Die ganze Handlung 
der Verleihung eines geistlichen Stiftes wurde als Investitur bezeichnet; bei 
ihrem Empfang leistete der Bischof und Abt dem Könige den Treueid. 
Das Königtum. 
Weder über den Ort der Wahl des Königs noch über die Teilnahme 
daran gab es eine feste Bestimmung. Die gewöhnliche Krönungsstätte war 
Aachen. Bei der Krönung wurden dem Könige dieReichsinsignien(Reichs- 
kleinodien), Krone, Zepter, Schwert, Purpurmantel und Armspangen übergeben; 
die feierliche Handlung schloß mit der Aufsetzung der Krone. 
Einen festen Hof gab es nicht. Zur Besorgung der Geschäfte brauchte 
der König Geistliche; der gesamte Hofklerus hieß Kapelle. Aus der Zahl 
der Kapellane wurde die Kanzlei besetzt und der Kanzler genommen, der 
regelmäßige Begleiter des Königs auf dessen Zügen. Jede Urkunde bedurfte der 
Beglaubigung und Besiegelung durch ihn. Kanzlei und Kapelle standen unter 
dem Erzkauzler und Erzkapellan, dem Erzbischos von Mainz.
	        
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