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Beschreibungen und Schilderungen.
steter Hast und Eile weidenden Wollträger längere Zeit ferngeblieben
sind, hat sich ein Wald bestand entwickeln können.)
Diese Schnucken gehören zu der großen Gruppe kurzschwänziger
Höhenschafe, deren Verbreitungsgebiet sich von den trockenen Heide¬
ländern Spaniens und Frankreichs längs der Küste durch Holland
und Deutschland über die jütische Halbinsel, die Färöer, Shetlands¬
inseln, Island bis in den Norden Skandinaviens und Rußlands erstreckt,
soweit überhaupt Schafe gehalten werden. Sämtliche Schläge sind
von kleinerer Form. Kopf und Beine sind mit kurzem, straffem Haar
bedeckt, Rumpf und Hals tragen eine stark mit Grannenhaar unter¬
mischte Wolle, die sich leicht auf dem Körper des Tieres verfilzt.
Beide Geschlechter sind gehörnt. Innerhalb dieser großen Familie
bilden die Schnucken den deutschen Typus des Heide- oder Höhen¬
schafes. Es ist die allerkleinste Schafrasse, die es überhaupt gibt.
Ein ausgewachsenes Tier wiegt etwa 30 Pfund, nur die Böcke sind
etwas schwerer. Beine und Kopf sind tiefschwarz, der übrige Körper
ist mit schlichter, grauer oder blaugrauer Wolle bedeckt, die oft zu
beiden Seiten bis auf den Boden herabhängt. Die Lämmer werden
seltsamerweise tiefschwarz geboren, im zweiten Jahre tritt die hellere
Färbung ein, aber erst im dritten oder vierten Lebensjahre ist die
Farbe rein blaugrau. Neben dieser gewöhnlichen Rasse gibt es noch
weiße Schnucken, die etwas größer zu werden scheinen.
Diese Schnucken machen von allen Haustieren den geringsten
Anspruch auf Pflege. Der Aufenthalt im Stalle ist ihnen auf die
Dauer unerträglich. Tag für Tag treibt sie der Schäfer auf die Heide
hinaus. Nur die naßkalte Nachtluft ist ihnen schädlich, sonst gehen
sie auch bei strengster Winterkälte hinaus. Da sieht man sie oft
nach Art der Rehe oder Renntiere unter dem Schnee sich die Nahrung
hervorscharren. Wie eine schwarze ziehende Masse eilen sie, den
Kopf niedergebeugt, eigentümlich gleitend und trippelnd durch den
Schnee. Ist er überfroren, so sind für sie harte Tage, die man ihnen
dadurch zu erleichtern pflegt, daß man die gefrorene Kruste mit
Eggen zu brechen sucht.
Höchst sonderbar ist ihre Vorliebe für den Besenpfriem, den
Bram. Daher sät man ihn oft in der Heide aus und treibt die
Schafe langsam durch die Bramplantagen hindurch, denn ein Zuviel
ist ihnen sehr schädlich. Einzelne Tiere — die Trunkenbolde —
fressen mit wahrer Gier und Leidenschaft davon und geraten dann
in einen Zustand der Aufgeregtheit, dem völlige Bewußtlosigkeit folgt.
So sollen sie oft Füchsen und Krähenschwärmen zum Opfer fallen.
Zuzeiten fechten die jungen Widder ihre Kämpfe aus. Das
regelmäßige Knacken der zusammenfallenden Gehörne kann an den