32 —
2. Der Urzustand des deutschen Bodens, dargelegt an Weimar
und Umgebung. Tacitus berichtet (Germania 5), daß das Land im
allgemeinen mit finsterm Urwald oder wüsten Sümpfen
bedeckt sei. Eine Durchsuchung der Orts- und Flurnamen
bestätigt uns dies. Um Weimar herum liegen die Orte Lützendorf,
Gaberndorf, Daasdorf a. 23., Tröbsdorf, Ulla, Troistedt, Ober- und Nieder¬
grunstedt, Gelmeroda, Vollersroda, Posfendorf, Legefeld, Holzdorf und
Schoppeudorf. Es ist das Gebiet vom südlichen Waldrand des Etters¬
berges bis zum nördlichen Rand der Wälder am linken Ufer der Ilm,
etwa 6760 ha groß. Von ehemaligen großen Waldbeständen künden die
Namen Harth, Hecke, Rod, Rödel, Loh und Holz; von Morast
und Sumpf erzählen die Namen Rieth, See, Mar, Brühl, Teich
Weiher und die in nassem Boden wachsenden Erlen und Weiden.
Nur wenige bedürfen der Erklärung. Die Harth (hard, Hardt, hart)
als Bezeichnung für waldige Höhe finden wir Heute noch im nahen
Berka a. d. I., wo der ans der Höhe des linken Jlmufers stehende prächtige
Nadelwald diesen Namen trägt. Loh heißt ein Hölzchen bei Bnttstädt,
4 Wegstunden nördlich von Weimar. Und Mar (ahd. mari, mhd. me er)
kennen wir von den Maren der Eifel. Und nun zu den Flurkarten!
Sie sagen uns zunächst, daß Weimar ehemals von zwei großen
Waldgebieten umgeben war, die heute fast ausschließlich Ackerland
find: der ganze Südabhang des Ettersberges bis zu Asbach und Ilm und
der Höhenrücken südlich der Stadt. Vom linken Jlmnser abwärts der
Mündung des Asbaches erstreckte sich der Wald ehemals nördlich bis zum
heutigen Waldsaume des Ettersberges; denn die Harthstraße, das Hölz¬
chen an der Harth nahe der Vereinsmühle und die Felder am Ganse-
holze an der Buttelstädter Landstraße künden davon. Die Felder zwischen
Lützendorf und der Ettersbnrger Landstraße heißen: unter der kleinen
Hecke, über der kleinen Hecke, bei der großen Hecke, untern
Hecken — und die nördlich von Gaberndorf: im kleinen Rödel, das
Rödel, über dem Rödel, auf dem Rödelberge —, Zengniffe
genug dafür, daß der Wald ehemals faft den ganzen Südabhang des
Ettersberges bedeckte, daß die Sehnsucht so vieler heutigen Weimarer, den
Wald der Stadt näher zu haben, schon einmal erfüllt war. Und daß man
ehedem von Weimar ans auch nach Süden hin nicht sehr weit gehen mußte,
um im schattigen Dunkel hoher Fichten zu wandeln, zeigen neben den heute
noch bestehenden kleinen Fichtenhainen schon die Ortsnamen Isseroda,
Gelmeroda, Vollersroda und Holzdorf. Und die Beweise werden
durch die Flurnamen vermehrt. Westlich von Obergrunstedt heißen die
Äcker: auf dem kleinen Rode, auf demRode, auf dem großen
Rode; westlich von Holzdorf: aus dem Rode; nördlich von Gelmeroda,
nach Weimar zu: am Loh und am Lohgraben.