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stimmen, doch glaubt man allgemein, die Mitte des zweiten Jahrhunderts
annehmen zu dürfen. Zuerst brachen Teile der Vandalen uud Goten
auf, um die Mitte des dritten Jahrhunderts folgte ihnen die ganze Muffe
des Gotenvolkes, ihnen nach rückten Gepiden und Rugier und auch
das nordgermanische Volk der H e r u l e r. Die gotischen Völker überschritten
die Donau und verheerten Thrazien und Mazedonien, doch scheiterte ihre
Kraft an den Festungen, sie wurden zurückgeworfen. Um ein Bollwerk
gegen die Eindringlinge zu gewinnen, nahm Kaiser Probus (276—282)
viele Gepiden, Vandalen und Goten als Hilssvölker ins römische Heer auf
und verpflanzte sie nach Thrazien. So kam der ostgermanische Ansturm
an der unteren Donau zunächst zur Ruhe. Die Germanen nahmen das
Land nördlich der Donau in Besitz; an den Küsten des Schwarzen Meeres
saßen die Goten, an den Nordabhängen der Karpaten siedelten die Ge¬
piden, der Sudeten Reste der Silingen (daher Silesia = Schlesien) und
Vandalen, andere Vandalen am Donauknie. Die Burgunder waren
erst südöstlich bis zum Donauknie gezogen und dann nordwestlich vor¬
gedrungen. Um 300 saßen sie zwischen dem oberen Main und dem mittleren
Neckar.
Beobachtung: Barbarenheere vermögen Festungen nicht zu gewinnen.
Die Teutonen und Ambronen gegen Marius . . I § 4.
Arminius gegen Germanikus . . I § 8.
Goten auf der Balkanhalbinsel . . .
2. Nachrücken der Litauer und Slawen. Nach der Abwanderung
der ostgermanischen Völker war das Land zwischen der Oder und Weichsel
und östlich der unteren Weichsel im dritten Jahrhundert fast unbewohnt.
Was war natürlicher, als daß die von Osten herandrängenden Litauer und
Slawen davon Besitz ergriffen? Die Litauer besetzten die Gebiete von der
Memel bis zur unteren Weichsel und machten da Halt; die Slawen aber
zogen immer weiter westwärts. Um 300 war die westliche Grenze die
Weichsel, um 400 eine Linie vom Weichselknie bis zur Oderquelle, um 500
die Neiße unb untere Oder, um 600 die Saale unb ber Elblans bis zur
Münbung der Havel. So war durch die Abwanderung der Ostgermanen
beutscher Boben an ein frembes Volk verloren gegangen. Sollte er immer
verloren bleiben? Die Westgermanen, nun Nachbarn ber Slawen, mußten
bas Verlorene zurückgewinnen. Unb so warb ber nationale Gegen¬
satz zwischen Deutschen unb Slawen begrünbet unb bninit
der Kampf, der vom 5. Jahrhundert bis heute wogt. Die
Abwanderung ber Ostgermanen aus ben Gebieten ber Ober
unb Weichsel unb bas Nachrücken ber Slawen schuf eine ber
Grunbtatsachen unseres geschichtlichen Lebens, ben Kampf
mit ben Slawen um bieLänber östlich ber Elbe bis über bie
Weichsel hinaus.