30. Zwei Gespräche.
Es vwar ein heitrer Frühlingsmorgen; ich stand im Dorf
auf dem Kreuzwege, wo das kleine Brückchen rechts gleich in
die Schule führt, der grössere Fusssteg sich aber links nach der
Königswiese fortschlängelt. Da hörte ich, wie zwei Knaben
folgendes zueinander sprachen: „Guten Tag, Karl!“ „Guten
ag, Miehell Wo gehst du hin, Rarl? n die senhule,
Michel!“ „REi, was! In der Schule ist's garstig, da muss man
lernen, draussen auf der Wiese sollst du einmal sehn, da ist es
hübschh! Komm, wir wollen spielen. Karl!“ „Am Abend, Nichel!
etat geh' ien lernen. Ade!“ „Meinetwegen, geh du arbeiten,
Karl, ien gehe spielen. Ade!“ —
Nach zwanzig Jahren stand ich in demselben Dorf an
derselben Stelle. Es war ein böser, kalter Wintertag. Din
blasser, ürmlich gekleideter Mensch klopfte an dié Tür des
Schulhauses an. Der Lehrer, ein rüstiger, stattlicher Mann,
öffnete sie leh hörte die beiden folgendes sprechen: „Guten
Dag, lieber Herr!“ „Guten Tag, lieber Mann!“ „Erbarmt euch
meiner, lieber Herr!“ „Was verlangt ihr denn von mir?“
„Arbeit, Herr! Ich will euch die Schulstube fegen, ĩieh will euch
die Ofen heizen oder andere Dienste derart tun. Nehmt mich auf!“
„Könnt ihr nicht andre Arbeit tun als die?““ Nein, Herr
„Warum denn nicht?“ „Ieh hab' niehts gelernt. „Wie heilsst
ihr?“ „leh heisse Michel, Herr.“ „Kommt herein, NMichel!
Draussen ist's heut' garstig, in der Schulstube ist's schön. Da
werdet ihr hoffentlich auch noch jetzt etwas lernen.“
Sie gingen hinein, und die Tür ward wieder geschlossen.
Der um Arbeit bettelnde Mann wusste in jenem Augenblicke
noch nicht, wer der freundliche Lehrer war. Wir wissen es besser.
Reiniek.
III. Aus dem Leben.
a. Sei höslich!
31. Die Sperlinge unter dem Hute.
Ein ziemlich großer Bauernjunge namens Michel, hatte Spatzen
gefangen, und weil er nicht wußte, wohin damit, so tat er sie in
seinen Hut und stülpte diesen so auf den Kopf. Man kann denken,
was das für ein Getümmel auf dem Kopfe war. Nun begegnete
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