Full text: Ottonen und Salier (Teil 3)

- 71 
„versanken die Männer, welche die obersten Vertreter des moralischen 
Prinzips auf Erden sein sollten, in den Sumpf unverhüllter Jm- 
moralität" (Hauck III, 206). 
Die unvermeidliche Folge dieser traurigen Zustände war, daß 
der Einfluß Roms auf die Völker jenseits der Alpen merkbar zurück¬ 
ging. Die Päpste haben kein Verdienst um die Bekehrung der slawi¬ 
schen Völker (vgl. dagegen II § 29, 5 ff. Gregor II. und Boni- 
satius!), die deutsche Kirche war eine Nationalkirche geworden, die 
politische Verwendung des Episkopats durch Otto I. ließ Rom ge¬ 
schehen. 
So standen um 9 6 0 Papsttum und deutsches 
Königtum nebeneinander: das eine sank immer 
tiefer, das andere erhob sich immer höher. Sollten 
sie nicht in Beziehung zueinander treten? 
So gesunken das Papsttum auch war, seine Ansprüche auf die 
oberste Leitung der katholischen Christenheit, also auch der deut¬ 
schen Kirche, hielt es doch unerschütterlich fest. In jedem päpst¬ 
lichen Schreiben, das nach Deutschland kam, las man gewichtige 
Äußerungen über die Macht, die Rechte und die Pflichten des aposto¬ 
lischen Stuhls, etwa in der Form, die 897 Papst Romanus ge¬ 
braucht hatte: „gleichwie Petrus, der Fürst der Apostel und der 
Pförtner des Himmelreichs, durch die Gabe des heiligen Geistes 
von dem Herrn die Gewalt zu binden und zu lösen erhalten habe, 
also auch der apostolische Stuhl, gestützt auf die kanonische und 
königliche Autorität, durch göttliches und menschliches Recht ver¬ 
pflichtet sei, allen Kirchen Gottes über den ganzen 
Erdkreis hin Hilfe und Unterstützung zu gewähren". 
Diese Ansprüche wurden beachtet und anerkannt. Die deutschen 
Erzbischöfe haben, wie es scheint, regelmäßig das Pallium von Rom 
erbeten und erhalten; wie es die Sitte erheischte, legten sie dabei ihr 
Glaubensbekenntnis zum Beweis ihrer Rechtgläubigfeit dem Papste 
vor (vgl. den Eid des Bonifatins 30. Nov. 722, II § 29, 5); denn er 
war der Hüter des Glaubens. Er war auch der Hüter des 
kirchlichen Rechts. Wollte man die Besitzungen und Privi¬ 
legien eines Stifts sichern, so ließ man sie von ihm bestätigen. 
Fühlte man sich in dem eigenen Recht verletzt, so suchte man Stütze 
und Hilfe in Rom. Ein Kloster schien erst dann am besten gewahrt, 
wenn es dem päpstlichen Schutze übergeben wurde. Daß dem römi¬ 
schen Bischof die oberste Entscheidung in Fragen der kirchlichen Ver¬ 
waltung zukam, war unbestritten und unbezweiselt. Man ver¬ 
schmähte es nicht, die Autorität von Konzilienbeschlüssen dadurch 
zu erhöhen, daß man die päpstliche Bestätigung dafür in Anspruch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.