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„Es ist das Amt des Papstes als des Nachfolgers des heiligen
Petrus und Statthalters Christi, allem Übel zu wehren und offen¬
kundige Schandtaten zu richten und zu strafen. Nun ist allen bekannt,
daß Adolf von Nassau zum Römischen Könige gewählt und gekrönt
ist, auch von den deutschen Fürsten, insonderheit von Albrecht, die
Huldigung empfangen hat. Dieser hat sich jedoch hochmütig gegen ihn
aufgelehnt und sich noch bei dessen Lebzeiten zum Römischen Könige
wählen lassen, ihn in einem Treffen überwunden und getötet. Nach¬
dem er sich dann nicht gescheut hat, sich noch einmal wählen zu lassen,
hat er sich unterstanden, die Verwaltung des deutschen Reiches zu
übernehmen, ohne von dem päpstlichen Stuhle die Be¬
stätigung und Ernennung zum Könige erhalten zu
haben. Obgleich wir nun schon lange gegen ihn hätten einschreiten
können, haben wir es dennoch bis jetzt verschoben. Damit aber aus
diesem Aufschub nicht die Meinung Raum gewinnt, als ob wir die
Wahl gutheißen, geben wir, weil uns das Recht zukommt,
die Person eines gewählten Königs zu prüfen, zu
krönen, über seine Tauglichkeit und U n t a n g l i ch k e i t
zu befinden, Euch (den geistlichen Kurfürsten) den Auftrag,
Albrecht zu veranlassen, daß er binnen sechs Monaten vor unserem
Stuhle durch Bevollmächtigte erscheine, um seine Unschuld wegen des
an Adolf verübten Frevels der beleidigten Majestät darzutun. Wei¬
gert er sich dessen, so werden wir allen verbieten, ihn als Römischen
König anzuerkennen, und werden alle von dem Treueide lossprechen,
den sie ihm vielleicht schon geschworen haben."
Der Papst erniedrigt hier das Wahlrecht der Kurfürsten zu einem
bloßen Vorschlagsrecht, da erst seine Prüfung und Bestätigung den Ge¬
wählten zum König macht; dieser Brief war nicht nur ein Schlag gegen
Albrecht, sondern auch gegen, die Kurfürsten.
Albrecht erkannte wohl, daß seine Stellung nur dann gerettet
war, wenn die Kurfürsten den gegen sie gerichteten Schlag des päpst¬
lichen Briefes empfanden und aus diesem Grunde mit ihm zusammen
gegen den Papst standen; er wandte daher das rechte Mittel an,
diese Empfindung hervorzurufen. Als er das päpstliche Schreiben
erhielt, versammelte er die Kurfürsten, ließ es verlesen und sprach
dann, die Krone auf dem Haupte: „Was schadet es, daß der Papst
mir seine Krone (die Kaiserkrone) versagt; durch Wahl der Für¬
sten bin ich König und Kaiser!"
Er erreichte seinen Zweck: die Kurfürsten standen zu ihm: aber
durch seine habgierige Hausmachtpolitik verscherzte er sich später
dennoch ihre Gunst. So kam jene Verschwörung der rheinischen Kur¬
fürsten zustande, die er mit Waffengewalt niederdrücken mußte.
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