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richtete. Die von der Regierung ausgeschlossenen Großen verbanden sich
jetzt mit der zurückgesetzten Königin-Mutter, verhalfen ihr zur Flucht und
dachten sie mit den Waffen in der Hand nach Paris zurückzuführen. Doch
sie wurden besiegt, und nun verstand Luynes, sie durch Vermittlung des
Bischofs von Lu^on, Richelieu, zur Unterwerfung zu bringen. Es wurde
ihnen Straflosigkeit zugesichert, der Königin-Mutter wurde gestattet,
nach Paris zurückzukehren, und der Friede schien hergestellt. Doch die
Zustände waren damit nicht gebessert. 1614 hatte man die Reichs-
stände (Klerus, Adel und dritter Stand) einberufen. Hier stellte sich
der dritte Stand ganz auf die Seite des Königtums gegen den Adel und die
papistisch-jesuitische Geistlichkeit und verlangte unter anderem die Herab¬
setzung der Taille, einer Vermögens- und Einkommenssteuer, die nur
der dritte Stand bezahlte, während der Adel den Amterkauf, durch den
reiche Bürger in die früher nur dem Adel vorbehaltenen Stellen einge¬
rückt waren, abgeschafft wissen wollte. Da der dritte Stand sich gegen die
Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit wandte, vereinigten sich diese
beiden Stände und verhinderten jeden gemeinschaftlichen Beschluß.
Ohne jeden Erfolg gingen die Reichsstände auseinander, und erst 1789
find sie wieder zusammengetreten. So blieben die Zustände im Innern,
wie sie waren, und die Unzufriedenheit nahm zu.
Dazu kam ein Hugenottenkrieg, hervorgerufen durch katholische
Restaurationen in B6arn — er führte im Frieden von Montpellier (1622)
zur Bestätigung des Ediktes von Nantes, kostete die Hugenotten aber
eine Anzahl Sicherheitsplätze.
Wenige Jahre erst waren seit Heinrichs IV. Tode verflossen, aber
es schien, als ob die kurze Zeit genügt hätte, alles, was Heinrich zum Wohle
des Volkes besonders gegen die Eigensucht des Adels und des Klerus
geschaffen, zugrunde gehen zu lassen. Da trat, nachdem Luynes „zur
Freude der Nation und Ludwigs XIII., der seiner längst überdrüssig
geworden war", im Jahre 1621 starb, an seine Stelle als leitender
Minister Richelieu (1624—1642).
. Richelieu ist der erste ganz moderne Staatsmann in der Geschichte. Er identi¬
fizierte sich völlig mit dem Staate, seine ganze Tätigkeit galt den politischen Ge¬
schäften. Für sich hat er nichts gewollt, wenngleich er prächtig aufzutreten liebte,
große Bauten aufführen ließ und seine Familie stark begünstigte. Sein beherrschender
Geist wußte in jeder Lage sich durchzusetzen, feine Gutachten waren von unvergleich-
t .r5r!c Kühnheit; war er doch auch ein großer Kenner der Literatur und
selbst schriftstellerisch tätig. Sein Ziel hat er erreicht: die Monarchie der Bourbonen
nach innen und außen gleich befestigt. Die französische Politik hatte Überall ihre
bte Dah"en für die Zukunft waren vorgezeichnet. (Sternfeld, Fran¬
zösische Geschichte S. 99, Leipzig, Sammlung Göschen).
Seine Ziele waren:
nach innen: Herstellung der absoluten Königsmacht,
nach außen: Bekämpfung Spaniens und der habsburgischen
Übermacht,- Abrundung des französischen Gebietes
Seine Gegner waren:
Die Hugenotten, nicht als religiöse, sondern als politische Sonder¬
gemeinschaft.