die neuen Bücher mit Freuden an. Von siebenundzwanzig Büchern
aber, die unter sie verteilt worden, wurden nicht mehr als vier wieder—
gebracht, die andern Kinder behielten oder verkauften die Bücher
und blieben weg.“ Erancke liels sich dadurch nicht abschrecken;
er kaufte neue Bücher, räumte einen Saal neben seiner Studierstube
ein und gab den Kindern dreimal in der Woche Almosen. Bald
gesellten sich Bürgerskinder dazu; jedes brachte wöchentlich einen
Groschen Schulgeld, so dals der Lehrer besser bezahlt werden und
dafũür tãglich füntf Unterrichtsstunden geben konnte. Schon im ersten
10 Sommer stieg die Zahl der Kinder auf sechozig.
Bald verbreiteté sich der Ruf von Franckes grosser Thätigkeit
für die Armen, und von da an strömten ihm von nah und fern
Unterstützungen zu. In dem Nalse, als diese zunahmen, erweiterten
sich seine Pläne. Noch öfter geschah es aber, dals er kühn in festem
lh Hauben Grosses unternahm, ohne irgend Mittel zu haben, es auszu—
führen, da ihm dann diese NMittel zur rechten Zeit auf wahrhaft wunder—
bare Weise zuflossen.
Bald war seine Pfarrwohnung zu eng für die Schule. Er mietete
im Nachbarhause eine Stube und bildeteé zwei Klassen, eine für die
20 armen, die andere für die Bürgerskinder; jede erbielt einen eigenen
Lehrer.
Bald regte sich in Francke der Wunsch, die Kinder nicht blols
zu unterrichten, sondeèrn auch zu erziehen, der Wunsch, ein Waisen-
haus zu stifften. Ein Freund gab ihm zu dem Ende 500 Thaler, davon
25 die Zinsen zu diesem Zwecke verwandt werden sollten. „Als ich
diesen Segen Gottes sah,“ so erzählte Prancke selbst, „wollte ich ein
armes Waislein dazu aussuchen, das von solchen jährlichen Zinsen
mõchte erhalten werden. Da wurden mir vier vater- und mutterlose
Geschwister genannt, darunter ich eines auslesen sollte. leh wagte
30 es auf den Lerrn, sie alle vier zu nehmen. Da ich's aber einmal
im Namen Gottes angefangen, einige arme Waisen ohne menschliche
Absicht auf ein gewisses Kapital auf- und anzunehmen, so liels ich's
auch trost auf den Herrn ankommen, deren noch mehr dazu zu
thun. Ues nachfolgenden Tages, nachdem ich die vier Waislein ange—
35 nommen hatte, kamen gleich noch zwei dazu, des nächsten Tages
darat wieder eins, zwei Tage danach abermals eins und acht Tage
darat jeder eins, dass also den 16. November 1695 schon ihrer
neun beisammen waren, die bei unterschiedlichen christlichen Leuten
rzogen wurden. Und also waren die armen Waisen eher da, als
O0 ihnen ein Haus erbaut oder erkauft war.“
Doch nun mulste auch bald für ein Haus gesorgt werden. Es
wurden bis zum Jahre 1697 zwei Häuser zu diesem Zwecke gekautft.
Als aber auch diese zu klein wurden, weil bis zum Jahre 1698 die