Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

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Mittelalter. 
XVI. 
Die romanische Kunst. 
(W. Büchner.) 
Waren die Bauwerke der Karolingerzeit noch als ein letzter Sprö߬ 
ling der altchristlichen Kunst zu betrachten, so entwickelt sich im zehnten 
Jahrhundert aus der innigen Aneignung des Christentums durch die ger¬ 
manischen Völker die romanische Knust, wie aus der Weiterbildung 
der Volkssprache des Römerreichs und ihrer Vermischung mit deutschem 
Sprachstoff die romanischen Sprachen erwuchsen. Der romanischen Kunst 
ist früher mit Unrecht der Name der byzantinischen beigelegt worden; doch 
berührt sie sich in mancher Hinsicht mit derjenigen, die von Byzanz ausging; 
sie tritt um die Mitte des 10. Jahrhunderts 
aus, findet im 11. uud 12. Jahrhundert 
ihre glänzendste Blüte und wandelt sich, 
wenigstens auf dem Boden Deutschlands, 
etwa in der ersten Hälfte des 13. Jahr¬ 
hunderts in allmählichem Übergang in die 
gotische Kunst um. Die romanische Bau¬ 
kunst ist gekennzeichnet durch den aus der 
altchristlichen empfangenen Ruudbogeu, wie 
die gotische durch den Spitzbogen: zwischen 
beiden steht, Grundriß, Bau- und Zier¬ 
glieder des romanischen Baues in den leich¬ 
teren Verhältnissen der Gotik benutzend und 
teilweise umwandelnd, der sogenannte Über¬ 
gangsstil. Da größere Bauwerke häufig 
langer Zeit zur Vollendung bedurften, Teile 
derselben einen Neubau erfuhren, so finden 
0„mb,i6 6,5 $»«8 ,U «iinita. wir nicht selten an demselben Gebäude 
nicht bloß von unten nach oben, sondern 
öfter auch vom Chor nach dem Portal hin einen Wechsel der älteren und 
jüngeren Bauformen. Die romanische Kunst, als die des Frühmittelalters, 
dient, wie jede jungaufsprossende Kunst, so gut wie ausschließlich der 
Gottesverehruug; die Kirche, zu jener Zeit eine allumfassende Macht und 
alleinige Trägerin der Bildung, drückt ihr den Stempel feierlichen Ernstes, 
großartiger Würde ans. Die Herrscherin der Künste ist die Baukunst, 
welche die übrigen zu ihrem ausschließlichen Dienste zwingt, ihre Formen 
denselben aufnötigt. Fast die gesamte kirchliche Bauthätigkeit des Mittel¬ 
alters im Abendlande geht aus von der altchristlichen Basilika, welche sich 
indes, mehr und mehr befreit und bereichert, zu einem höchst vollkommenen
	        
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