Bevölkerung.
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I. Die europäischen Arier zerfallen zunächst in Nord- und Süd-Europäer.
a. Nord-Europäer. 1) Litauer mit ihren Zweigen, den Kuren und Letten; zu
diesen zählten auch die sprachlich verschwundenen Preußen.
2) Slawen, die in drei große Gruppen zerfallen: a. Ost-Slawen, Russen (mund¬
artlich verschieden sind Großrüssen, Weißrussen, Kleinrussen oder Ruthenen, wie sie in
Galizien heißen), b. Süd-Slawen: Slowenen in den S.O.-Alpen Österreichs, die Be¬
wohner von Dalmatien, Kroatien, Serbien, Montenegro, Bosnien mit der He'rcegovina;
zu dieser Bölkergruppe zählen auch die Bulgaren diesseits und jenseits der Balkänkette;
romanisiert wurden viele Bulgaren der Moldau und Walachei, e. West-Slawen: den
beiden vorigen Abteilungen sprachlich ferner stehend; zu ihnen gehören, abgesehen von
den germanisierten Elb-Slawen, die Kaschuben in Westpreußen, die Masuren im s. Ost¬
preußen, die rasch einschrumpfende Sprachinsel der Wenden in der Lausitz, die Polen (im
ganzen über 16 gjM.) im größten Teile von Oberschlesien und in einem Teile der rechten
Oderseite von Mittelschlesien sowie in Posen, Westpreußen, Polen und im w. Galizien,
die Tschechen in Böhmen und Mähren, die Slowaken in den n. Komitaten Ungarns.
3) Die Germanen. Sie verzweigten sich ursprünglich in Goten, Skandinavier
(Nord-Germanen» und Ost-Germanen, doch ist der gotische Sprachstamm längst verklungen.
Die Skandinavier zerfallen in Schweren, Norweger und Dänen. (Die altnordische
Sprache hat sich auf Island und der Färöer-Gruppe erhalten und auf dem Festlande
das Dänisch-Norwegische und das Schwedische erzeugt.) Bon den Ost-Germanen, seit
dem 9.Jahrh. Deutsche geuannt, haben sich abgelöst die Niederländer mit den Flamen
und die Angelsachsen Britanniens und im Laufe der Jahrhunderte eine eigene, wenn
auch nahe mit der deutschen verwandte, aber stark mit französischen Bestandteilen und
unzähligen Fremdwörtern gemengte Sprache ausgebildet. Gegen die Annahme, daß die
Heunat der Germanen auf dem schwedischen Stufen- und Flachlande zu suchen sei, ist
vor allem einzuwenden, daß auf dem räumlich beschränkten Bodenteile Skandinaviens,
der in so früher Zeit der Besiedlung zugänglich war, kein so mannigfaltig veranlagter
und mit so verschiedenen Entwicklungskeimen begabter Völkerstamm entstanden sein kann.
4) Die Kelten, ehemals in den Alpen und Süddeutschland seßhaft. Sie drängten
in Frankreich die Basken zurück, stiegen sogar über die Pyrenäen, bevölkerten die britischen
Inseln, sind jedoch zumeist entweder vertrieben, germanisiert oder romanisiert. In den
letzten Jahrzehnten ist unter ihnen das Bestreben erwacht, ihr Volkstum und ihre Sprache
zu neuem Leben zu erwecken, „Druiden-Tage" in Wales abzuhalten und ihre zerfallene
Nationalität wenigstens literarisch zu einen. Von den keltischen Mundarten hat sich die
kymrische in der Bretagne und in Wales, die gälische im W. Irlands, auf der Insel
Man smänns und in Schottland erhalten.
b. Süd-Europäer. 1) Die alten Griechen, deren Sprache sich im Neugriechi¬
schen wohl erhalten hat. 2) Die alten Thraker und Illyrier, deren Sprache sich
nur im heutigen Albanien erhielt bei den Schkipetaren, „Bergbewohnern", von uns
Albanesen, von den Türken dagegen Arnauten genannt. 3) Die Italiker. Vielleicht
gehören die Etrusker zu ihnen. Die Römer erhoben das Lateinische zur Sprache ihrer
Weltmacht; aus ihm gingen die romanischen Sprachen hervor (Portugiesisch, Spanisch,
Catalonisch, Provencalisch, Französisch, das auch die Wallonen reden, Italienisch, die
ladinischen unb romanischen Mundarten in den Schweizer und den Tiroler Alpen, das
stark mit keltischen Elementen versetzte Furlanische in Friaul und im Venetianischen, das
Rumänische in Siebenbürgen, etlichen Komitaten Ungarns, in Rumänien unter slawischen
Völkern).
II. Die asiatischen Arier sind in Europa nur durch die Zigeuner vertreten,
die etwa 1000 n. Chr. als Glieder eines Paria-, nicht Hindu-Stammes, aus dem n.w.
Indien wanderten. Genaueres s. S. 114, Anm. 2.
III. Vereinsamt stehen die Basken, etwa \ StRUl., die wir wohl für die älteste Be¬
völkerung Europas ansehen müssen (s. S. 269).
B. Mongolenartigc Völker. 1) Die mongolischen Kalmüken kamen erst 1616
nach dem europäischen Rußland, wanderten aber größtenteils schon 1771 wieder nach
dem chinesischen Reiche zurück.
2) Von den Türken sind die westlichen stark mit arischem und semitischem Blute
gennscht, nur ihre Sprache bezeugt ihren ethnologischen Zusammenhang. Die seldschukki-