Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

Giesebrecht: Das Kaisertum Karls des Großen. 
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Maifeldes und wurde bei allen wichtigen Staatsgeschäften oder bedeu¬ 
tenden Reichsgesetzen zu Rate gezogen. Der Staatsrat dagegen war nur 
aus den hohen Hofbeamten und den Magnaten des Reiches zusammen¬ 
gefetzt, die der Kaiser eines besonderen Vertrauens würdigte und entweder 
zeitweise oder dauernd in seine Nähe berief. 
Wie die Sterne die Sonne, so umgaben die Paladine den großen 
Kaiser, der sie alle verdunkelte und überstrahlte. Nicht freilich durch Glauz 
und Prunk der äußeren 
Erscheinung feffelte er 
die Blicke derer, die sich 
ihm nahten, aber es um¬ 
spielte seine hohe und 
würdevolle Gestalt ein 
blendender Schein gleich¬ 
sam höheren Lichtes, in 
dem die Klarheit seines 
großen Geistes auszu¬ 
strahlen schien. Jene 
langen weißen Locken, 
die im Alter sein Haupt 
zierten, die großen leb¬ 
haften Augen, die stets 
heitere und ruhigeStirne, 
die mächtige Greisenge- 
stalt, der es doch nicht 
an Anmut fehlte: dies 
ganze Bild hat sich tief 
nicht nur den Zeitge¬ 
nossen eingeprägt, son¬ 
dern Geschichteuud Sage 
haben es für alle Zeit 
festgehalten, und noch 
wächst niemand zum Jüngling yeran, der es nicht in sicy aufnähme. 
Viele hochstrebeude Herrscher hat das Jahrtausend nachdem erzeugt, aber 
nach Höherem hat keiner gerungen, als Karl zur Seite gesetzt zu wer¬ 
den; damit begnügten sich die kühnsten Eroberer, damit die weisesten 
Friedensfürsten; das französische Rittertum der späteren Zeit verherr¬ 
lichte Karl als den ersten Ritter; das deutsche Bürgertum als den väter¬ 
lichen Volksfreund und den gerechtesten Richter; die Poesie aller Völker 
in den folgenden Zeiten stärkte und kräftigte sich immer von neuem an 
seiner gewaltigen Erscheinung: nie vielleicht ist reicheres Leben von der 
Wirksamkeit eines sterblichen Menschen ausgegangen. 
Thron Karls des Großen im Münster zu Aachen.
	        
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