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auf Grund einer strengkritischen Untersuchung der verschiedenen Ueberlieferungen so
erschöpfend festgestellt worden, dass auch das neueste Werk über diesen Gegenstand
(Hans Prutz, aus Phönizien, 1876), im Gegensätze zu früheren und späteren Untersuch¬
ungen, zu denselben Resultaten gelangt. Demzufolge ist von den beiden Inseln, welche
dem festländischen Alt-Tyrus vorgelagert waren, die östlichere, also die der Küste zu¬
nächst gelegene und zugleich grössere, wie es in der Natur der Dinge lag, auch zuerst
mit Anlagen für Handel und Seefahrt ausgestattet worden. Durch König Hiram wurde
dann der beide Inseln trennende Meeresarm zugeschüttet und die östliche, grössere, Insel
durch eine Aufschüttung an der dem Festlande zugekehrten Seite erweitert. Dort lag
ein weiter dem Handelsverkehr gewidmeter Platz (Eurychorus) zwischen den beiden Häfen,
von denen der nördliche der sidonische, der südöstliche der ägyptische Hafen
hiess. Während das festländische Alt-Tyrus (Palaetyrus) sich von der Zerstörung durch
Nebukadnezar nicht wieder erholte, sondern in Trümmern liegen blieb, bestand Insel-Tyrus
als blühende Handelsstadt fort bis zum Untergange des persischen Reiches. Alexander
der Gr. erkannte, dass kein Punkt so geeignet war, eine Verbindung zwischen seinen
geheimen griechischen Gegnern und Persien zu Stande kommen zu lassen, und benutzte
daher die Weigerung, ihm das beabsichtigte Opfer in dem uralten Melkart-Tempel
B 1 a t
Das Blatt IV. macht den Versuch, nach O. Müller’s und H. Kiepert’s
Vorgang die Stammverschiedenheit der Bevölkerung Griechenlands und zugleich
die politischen Gegensätze zwischen der Athenischen und Spartanischen Sym-
machie, zu Anfang des peloponnesischen Krieges, darzustellen. Dabei darf jedoch
nicht übersehen werden, dass im wirklichen Leben jene Stammes unterschiede in der
historischen Zeit weniger scharf und bestimmt hervortraten, als dies die Ab¬
grenzung auf der Karte vermuthen lässt, indem die bildliche Darstellung darauf
verzichten muss, die mannigfaltigen Uebergänge und Vermischungen derselben
zu versinnlichen.
1. Die Dorer haben seit der dorischen Wanderung den Süden und Osten
des Peloponnes eingenommen; zu ihnen gehören die Spartaner, die herr¬
schende Bevölkerung von Argos, Sicyon, Phlius. Korinth, Trözen, Epidaurus;
ausserhalb des Peloponnes zunächst Megaris und der kleine Rest, welcher
in Doris zurückgeblieben war und dort einen Bund von 4 kleinen Städten
(die dorische Tetrapolis) bildete. Durch gleiche Farben sind als Colonien
der Dorier bezeichnet:
a) im Westen: Apollonia und Epidamnus in IUyrien, Corcyra, Am-
bracia, Anactorium (mit der Insel Leucadia), sämmtlich von Korinth
gestiftet,
b) im Osten: die südlichen Cycladen: Melos und Th era (Colonien von
Sparta) und Astypaläa (Oolonie von Megara); die Mehrzahl der Spo-
raden; ferner die korinthische Stiftung Potidäa auf Chalcidice und
die megarische Selymbria an der Propontis; endlich die dorischen
Niederlassungen im Südwesten Kleinasiens und auf den gegenüber¬
liegenden Inseln: Rhodus, Kos u. s. w. Auch bildeten Dorer den
vorherrschenden Theil der Bevölkerung auf Creta.
2. Die Ioner besitzen auf dem Festlande Griechenlands nur Attika. (Ausser-
dem wohnen in Naupactus vertriebene Messenier unter athenischem Schutze.)
Desto zahlreicher und bedeutender sind ihre Besitzungen auf den Inseln
und den nördlichen und östlichen Küsten des ägäischen Meeres sowie an
der Propontis. Dieselben zerfallen in drei Gruppen:
a) die nördlichen Cycladen nebst der Insel Euböa, welche schon seit
alten Zeiten von Ionern bewohnt war und, seitdem (500 v. Chr.) die
Hauptstaaten Chalcis und Eretria von Athen abhängig waren, als ein
Theil des attischen Gebietes betrachtet wurde.
b) Die Inseln in der nördlichen Hälfte des ägäischen Meeres (wieder
in zwei Gruppen: aa) Scyrus, Sciathus, Halonesus, Peparethus,
Icus u. s. w.; bb) die nördlicheren und grösseren; Lemnos, Imbros,
(„templum Herculis“ auf dem Carton) zu gestatten, um Tyrus unschädlich zu machen.
Im Nov. 333 begann er die Aufschüttung eines Dammes durch die noch etwa 800 m.
breite Meerenge zwischen dem Festlande und der Insel, wozu die Trümmer von Alttyrus
überreiches Material boten. Der Versuch eines Sturmes gegen die Südseite der Stadt,
wo der königliche Palast („Palatium“ auf dem Carton) und die Schiffswerfte lagen, blieb
ohne Erfolg, zeigte aber, dass nur von dieser Seite in die Stadt eingedrungen werden
könnte, während an der Ostseite, dem Damme gegenüber, feste Mauern unmittelbar vom
Meere aus bis zu 50 m. senkrecht aufstiegen. Ein gleichzeitiger Angriff auf den sido-
nischen und den ägyptischen Hafen verdeckte den Hauptstoss auf die als die schwächste
erkannte Südseite. Auch gelang hier die Eröffnung einer Breschö, durch welche die Be¬
lagerer gegen Osten vordrangen, den über den Damm her Anstürmenden die Hand reichten
und sich der Befestigungen an den beiden Häfen bemächtigten. Durch die von allen
Seiten eindringenden Sieger überwältigt, zogen sich die heldenmüthig fechtenden Tyrier
nach dem Heiligthum des Agenor („Agenorium“ auf dem Carton) zurück, wo das
letzte blutige Ringen stattfand und 8000 Tyrier, für die untergehende Freiheit fechtend,
gefallen sein sollen, während 3000 wie Verbrecher an den das Meeresufer entlang auf ge¬
stellten Kreuzen endeten und 30,000 als Sclaven verkauft wurden.
IV.
Samothrace, Thasos); die Halbinsel Chalcidice; die zahlreichen
Niederlassungen auf der thracischen Südküste; den schon von
Miltiades eroberten thracischen Chersones; die Colonien zu beiden
Seiten der Propontis und des Hellespont (Cyzicus, Abydus,
Lampsacus, Perinthus u. s. w.).
c) Die Niederlassungen in Kleinasien auf der Küste Lydiens und
Cariens, sowie auf den gegenüberliegenden Inseln Chios, Sa¬
mos u. s. w., welche einen Bund von 12 Städten bildeten.
3. Die Aeoler*) bilden die Hauptbevölkerung in Mittelgriechenland mit Aus¬
nahme von Attica und Doris, also in Böotien, Phocis, Locris, Aeto-
lien, Acarnanien, sowie auf den gegenüberliegenden Inseln Cephallenia,
Ithaca u. s. w. Im Peloponnes hatten die Aeoler, welche mit der dorischen
Wanderung eindrangen, Elis besetzt. An der Westküste Kleinasiens wurde
durch äolische Schaaren aus Thessalien und Böotien, die mit vertriebenen
Achäern verbunden waren, ein sog. äolischer Bund von 12 Städten (mit
dem Hauptorte Kyme) auf dem Festlande und ein zweiter Bund (von
5 Städten) auf der Insel Lesbos gegründet; die Landschaft Aeolis dehnte
sich durch Anlegung von Pflanzstädten in Troas nördlich bis zum Helles-
ponte aus, während sie im Süden beschränkt wurde, indem Smyrna an die
Ioner verloren ging. Endlich wurden von diesen asiatischen Aeolern auch
einige Punkte an der thracischen Küste (an der Mündung des Hebrus)
besetzt.
4. Die Achäer, welche zur Zeit der dorischen Wanderung als herrschendes
Volk im Süden des Peloponnes wohnten, wurden, insofern sie sich den
Dorern nicht unterworfen, nach Norden gedrängt und nahmen die früher
von den Ionern bewohnte Nordküste des Peloponnes ein, welche nun den
Namen Achaja erhielt: einige Hessen sich auf der benachbarten Insel
Zakynthus nieder.
5. Die Pelasger waren ursprünglich das Hauptvolk sowohl im Peloponnes,
als in Thessalien. Dieses letztere hiess daher das pelasgische Argos und
ein Theil behielt noch bis in die späteren Zeiten den Namen Pelasgiotis.
Auch die epirotischen Völker werden als pelasgisch bezeichnet und zwar
nicht blos die innerhalb der Grenzen des spätem Epirus, wie die Molosser
und Thesproter, sondern auch einzelne, welche nordöstliche und südliche
Grenzlandschaften von Epirus bewohnten, wie im N. O. die Elymioten,
') Ueber das Unbestimmte des Namens Aeoler und deren Verhältnisse zu den übrigen
Griechen s. G. F. Schoemann, griech. Alterthümer, 1, S. 87 f.