Contents: Lehrbuch der Geschichte für Mittelschulen

20 
Jndogermanen. 
Hoch entwickelt waren Kunst und Wissenschaft. Die mit Gold, 
Elfenbein und Perlen geschmückten Tempelbauten (Pagoden) und 
Götterbilder erregen noch heute die Bewunderung der Reisenden. In- 
dische Priester erfanden die „arabischen" Ziffern nach dem Dezi- 
mal-(Zehner-)System, die Algebra und wahrscheinlich auch das 
Schachspiel. Die Sprachwissenschaft und Dichtkunst der Inder 
ist für uns von höchster Bedeutung, weil erfreulicherweise noch viele 
Schriftwerke erhalten sind, die aus der ältesten Zeit stammen, so z. B. 
die Bedas, feierliche religiöse Gesänge, ferner Heldenlieder aus der Zeit 
der Eroberungskriege, sogar Dramen. Diese Schriftwerke sind in dem 
sog. Sanskrit geschrieben, welches die älteste uns bekannte indo- 
germanische Sprache darstellt. Sie zeichnet sich durch Wohllaut 
und Reichtum an Vokalen, besonders an dem hellen uud vollen A-Saut, 
aus, so z. B. heißen die beiden größten Heldendichtungen Mahabharata 
und Ramajana. Dank den Aufzeichnungen der indischen Priester ist 
uns der Bau dieser Sprache bekannt und dient zur Sprachver- 
gleichung, woraus man wohl auf die ehemalige Verwandtschaft der 
Völker schließen kann. Hier einige Beispiele: 
Sanskrit — Zend (Altpersisch) — Griechisch — Lateinisch — Deutsch 
pitar — 
patar 
— pater — 
pater 
— Vater 
näman — 
näman 
— onoma — 
nomen 
— Name 
asti 
asti 
— esti — 
est 
— ist 
tischthämi — 
histämi 
— histemi — 
sto 
— stehe 
veda 
vaeda 
— oida — 
video 
— weils. 
(Nach Kluge. Dtsch. Sit/; 
Die religiösen Boxstellungen der Inder waren von Anfang an 
so ziemlich die der anderen Jndogermanen und diese sind wieder 
in den Grundzügen denen der Semiten auffallend gleich, so daß auch 
daraus die ursprüngliche Einheit der „weißen" Rasse gefolgert werden 
könnte. 
Man verehrte die lebenspendende Kraft des Sonnenlichtes unter 
dem Namen Indra. Da aber in dem heißen Indien die Sonnenglut 
sehr häusig auch Schaden anrichtet — man denke nur an die von Zeit 
zu Zeit auftretende Dürre und Hungersnot, wenn die Sommermonfune 
nicht genügend Regen bringen —, so wurde in verschiedenen Gegenden 
bald die schaffende, bald die erhaltende, bald die vernichtende 
Kraft der Sonne mehr betont. Die Priester lehrten also, Jndra offen- 
bare sich bald als Schöpfer (Brahma), bald als Erhalter(Vischnu), 
bald als Zerstörer (Siva). Doch überwog die Auffassung der Gott- 
heit als schöpferischer Kraft, und so wurde Mrahma der Hauptbegriff
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.