Object: [Teil 4 = (8., 9. und 10. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 4 = (8., 9. und 10. Schuljahr), [Schülerband])

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wesen, sie liebte ihren Mann; doch mußte sie ihn bei sich im stillen tadeln, 
daß er mit dem Gelde nicht sorgfältig genug umging. Das bare Geld 
nötigte ihr eine gewisse Ehrfurcht ab; sie fühlte ganz den Wert desselben, 
sowie die Notwendigkeit, sich überhaupt in Besitz zu setzen, sich dabei zu 
erhalten. Ohne eine angeborene Heiterkeit des Gemütes hätte sie alle An¬ 
lagen zum strengen Geize gehabt. Doch ein wenig Geiz schadet dem 
Weibe nichts, so übel sie die Verschwendung kleidet. Freigebigkeit ist eine 
Tugend, die dem Mann ziemt, und Festhalten ist die Tugend eines 
Weibes. So hat es die Natur gewollt, und unser Urteil wird im ganzen 
immer naturgemäß ausfallen. 
Margarete, so will ich meinen sorglichen Hausgeist nennen, war 
mit ihrem Manne sehr unzufrieden, wenn er die großen Zahlungen, die 
er manchmal für aufgekaufte Fonrage von Fuhrleuten und Unternehmern 
erhielt, aufgezählt, wie sie waren, eine Zeitlang auf dem Tische liegen 
ließ, das Geld alsdann in Körbchen einstrich und daraus wieder ausgab 
und auszahlte, ohne Pakete gemacht zu haben, ohne Rechnung zu führen. 
Verschiedene ihrer Erinnerungen waren fruchtlos, und sie sah wohl ein, 
daß, wenn er auch nicht verschwendete, manches in einer solchen Unordnung 
verschleudert werden müsse. Der Wunsch, ihn auf bessere Wege zu leiten, 
war so groß bei ihr, der Verdruß, zu sehen, daß manches, was sie im 
kleinen erwarb und zusammenhielt, im großen wieder vernachlässigt wurde 
und auseinanderfloß, war so lebhaft, daß sie sich zu einem gefährlichen 
Versuche bewogen fühlte, wodurch sie ihm über diese Lebensweise die 
Augen zu öffnen gedachte. Sie nahm sich vor, ihm so viel Geld als 
möglich aus den Händen zu spielen, und zwar bediente sie sich dazu einer 
sonderbaren List. Sie hatte bemerkt, daß er das Geld, das einmal auf 
dem Tische aufgezählt war, wenn es eine Zeitlang gelegen hatte, nicht 
wieder nachzählte, ehe er es aufhob; sie bestrich daher den Boden eines 
Leuchters mit Talg und setzte ihn, mit einem Schein von Ungeschicklichkeit, 
auf die Stelle, wo die Dukaten lagen, eine Geldsorte, der sie eine 
besondere Freundschaft gewidmet hatte. Sie erhaschte ein Stück und 
nebenbei einige kleine Münzsorten und war mit ihrem ersten Fischfänge 
wohl zufrieden; sie wiederholte diese Operation mehrmals, und ob sie 
sich gleich über eilt solches Mittel zu einem guten Zwecke kein Gewissen 
machte, so beruhigte sie sich doch über jeden Zweifel vorzüglich dadurch, 
daß diese Art der Entwendung für keinen Diebstahl angesehen werden 
könne, weil sie das Geld nicht mit den Händen weggenommen habe. So 
vermehrte sich nach und nach ihr heimlicher Schatz, und zwar um desto 
reichlicher, als sie alles, was bei der inneren Wirtschaft von barem Gelde 
ihr in die Hände floß, auf das strengste zusammenhielt. 
Schon war sie beinahe ein ganzes Jahr ihrem Plane treu ge¬ 
blieben und hatte indessen ihren Mann sorgfältig beobachtet, ohne Ver¬ 
änderung in seinem Humor zu spüren, bis er endlich auf einmal höchst 
übler Laune ward. Sie suchte ihm die Ursache dieser Veränderung abzu¬ 
schmeicheln und erfuhr bald, daß er in großer Verlegenheit sei. Es hätten 
ihm nach der letzten Zahlung, die er an den Lieferanten gethan, seine 
Pachtgelder übrig bleiben sollen; sie fehlten aber nicht allein völlig, 
sondern er habe sogar die Leute nicht ganz befriedigen können. Da er
	        
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