Full text: Kleine vaterländische Geschichte

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Handen, daß das Schifflein zu Grunde gehen würde. In dieser Not ließ 
Geßler dem Teil die Bande abnehmen und forderte den im Rudern er¬ 
fahrenen Mann auf, das Schifflein zu retten. Tell aber lenkte dasselbe 
nach einer ihm wohlbekannten Felsplatte, schwang sich aus dieselbe und 
stieß das Fahrzeug mit dem Fuße wieder in den See hinaus. In einem 
Engpaß bei Küßnacht legte er sich aus die Lauer, den Vogt erwartend. 
Als derselbe herankam, flog ihm Teils Pfeil in das Herz. So wurden, 
freilich durch Mord, die Schweizer ihres ärgsten Bedrückers ledig. Die 
Eidgenossen verhielten sich indessen vorläusig noch ruhig. Erst in der Nacht 
vom 31. Dezember 1307 auf den 1. Januar 1308 überfielen sie die Zwing¬ 
burgen, brachen sie und verjagten die österreichischen Besatzungen. So 
befreiten sich die drei sogenannten Ur-Kantone von der österreichischen 
Herrschaft. Übrigens wollen wir uns hierbei merken, daß die Geschichten 
von Wilhelm Tell und den andern Befreiern der Eidgenossen durchaus 
sagenhaft find. 
Albrechts I. Xoö; seine Nachfolger. § 45. Albrecht I. ward noch in 
dem nämlichen Jahre von seinem Neffen Johann von Schwaben 
(Parrieida), dem er fein väterliches Erbe vorenthalten hatte, am Zusammen¬ 
fluß der Reuß und der Aar ermordet. Die Nachfolger Albrechts auf dem 
Kaiserthrone bestätigten den Schweizern ihre Freiheiten; freilich hatten 
dieselben gegen die Unterjochungslust der österreichischen Herzoge noch gar 
manche Kämpfe auszustehen. Leider haben die Eidgenossen ihre siegreichen 
Kämpfe gegen die österreichische Herrschaft auch dazu benutzt, um sich von 
dem deutschen Vaterlande loszureißen. — Weil nun den deutschen Fürsten, 
wie wir schon gesehen haben, daran lag, so selbständig wie möglich zu sein, 
wählten sie nach Rudols von Habsburg nur solche Männer zu Königen, 
deren Besitztum nur klein und deren Macht deswegen gering war. Wenn 
nun solche Könige darnach strebten, ihr Besitztum zu vergrößern, um da¬ 
durch mehr zu gewinnen, so kamen sie denn mit den mächtigsten deutschen 
Fürsten in Krieg, so daß die Kämpse in Deutschland niemals aufhörten. 
Von Albrechts Nachfolgern sind am berühmtesten geworden: 
Heinrich VII. (1308 bis 1313, ehe er König ward, war er Gras von 
Luxemburg). Derselbe ward gleich nach Albrechts I. Ermordung zum Könige 
gewählt und war ein kraftvoller tapferer Fürst. Er zog auch wieder nach 
Italien und ließ sich daselbst zum Kaiser krönen. Leider starb er in dem fremden 
Lande, wahrscheinlich vergiftet (1313). Sein Nachfolger war Ludwig IV. 
der Bayer (1314—1347), ein Kaiser, dessen Regierungszeit fast ganz durch 
heftige Kämpfe gegen die Übergriffe der Päpste ausgefüllt ward. Dann 
Karl IV., Enkel Heinrichs VII., der besonders deswegen merkwürdig ge¬ 
worden ist, weil er im Jahre 1356 ein wichtiges Gesetz gab (die goldene 
Bulle); dasselbe besagte, daß von jetzt an nur die sieben bedeutendsten 
Fürsten Deutschlands den König wählen oder küren sollten (Kurfürsten). 
Ferner ist zu merken Sigismund, Karls IV. Sohn, welcher im Jahre 
1417 den Burggrasen von Nürnberg, Friedrich von Hohenzollern, 
mit der Mark Brandenburg belehnte. Die Nachkommen dieses Friedrich 
(die Hohenzollern) herrschen noch bis aus den heutigen Tag irrt brandenburg- 
preußischen Staate und nunmehr auch als deutsche Kaiser. Nach Sigis¬ 
munds Tode wählte man wieder einen Nachkommen Rudolfs von Habs¬ 
burg, einen Habsburger. Seitdem blieb die deutsche Kaiserkrone bei 
diesem Geschlechte bis zum Jahre 1740.
	        
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