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das königliche Schloß bewachten und zwang den König mit ferner Ge¬
mahlin Maria Antoinette nach Paris überzusiedeln. Auch die National¬
versammlung siedelte nun dahin über und geriet völlig unter den Einfluß
des wüsten Pöbels. Durch eine Menge neuer Gesetze begründete sie eine
ganz neue Ordnung der Dinge. Sie zog die Güter des Königs, der
vielen geflüchteten Adligen und der Geistlichkeit ein und teilte Frankreich
in 83 Departements. Dabei nahmen die Beleidigungen des Pöbels gegen
den unglücklichen König kein Ende, so daß Ludwig endlich beschloß, sich
der unwürdigen Behandlung durch die Flucht zu entziehen. Er verließ
i. I. 1791 heimlich Paris, wurde aber in Lothringen von einem Post¬
meister erkannt und nach der Hauptstadt zurückgebracht. Viele seiner Feinde
wiegelten nun das Volk auf, daß es die Absetzung des Königs fordern
mußte.
Frankreich wird Republik; Hinrichtung der Majestäten. § lll. Noch
schlimmer war es, als sich im Jahre 1791 die konstituierende Versammlung
auslöste und eine andere (die gesetzgebende) an ihre Stelle trat. In dieser
hatten die sogenannten Jakobiner das Übergewicht, welche beabsichtigten,
Frankreich in eine Republik umzuwandeln. An der Spitze der Jakobiner
standen Robespierre, Danton und Marat. Diese Männer wiegelten fort¬
während das Volk gegen den König auf, und so kam es dahin, daß Lud¬
wig mit seiner Gemahlin im August des Jahres 1792 bei einem Pöbel¬
aufstande in den Saal der Nationalversammlung flüchten mußte, um nur
seines Lebens sicher zu sein. Man brachte ihn als Gefangenen in einett
festen Turm, während Tausende und aber Tausende seiner Anhänger ein¬
gekerkert und darauf ohne Recht und Gesetz hingeschlachtet wurden. Als
sich nun die gesetzgebende Nationalversammlung aufgelöst hatte und an ihrer
Stelle ein sogenannter Nationalkonvent zusammengetreten war, erklärte
derselbe den König für abgesetzt und Frankreich zur Republik. Endlich ging
die Partei der Jakobiner sogar soweit, den König des Hochverrates anzu¬
klagen und seine Hinrichtung zu beantragen. Sie erreichte auch ihren
Zweck, Ludwig wurde vom Nationalkonvente verurteilt, und am 21. Januar
1793 fiel fein Haupt auf dem Blutgerüste.
§ 112. Die Hinrichtung des Königs erfüllte ganz Europa mit Ab¬
scheu. Ein großer Teil des französischen Volkes, besonders die Bewohner
der Vendee und einiger Städte, wie Lyon, Toulon, Bordeaux, erhoben
sich gegen die Gewaltherrschaft der Jakobiner. Diese Aufstände wurden aber
mit Grausamkeit unterdrückt. Tausende wurden in Paris und andern
Städten des Landes hingerichtet, weil sie sich den Befehlen des National¬
konventes, an defsen Spitze die Blutmenschen Robespierre, Danton und
Marat standen, nicht fügen wollten. Diese Zeit, in welcher die eben ge¬
nannten Männer den Konvent und dadurch ganz Frankreich beherrschten,
nennt man die Schreckensherrschaft. Auch die Königin Marie Antoinette,
die Tochter der Kaiserin Maria Theresia, wurde i. I. 1793 hingerichtet.
So sehr wütete man gegen alles Bestehende, daß man sogar die christliche
Religion für abgeschafft erklärte. Schließlich aber wandten sich die eigenen
Parteigenossen gegen Robespierre, vor dem niemand mehr sicher war, so
daß er sogar seinen Genossen Danton hatte hinrichten lassen. Eine Ver¬
schwörung bildete sich gegen ihn, und er starb unter dem Beile des Henkers.
Bald daraus trat statt des Nationalkonvents ein Direktorium von fünf
Männern an die Spitze Frankreichs, und so ward wenigstens vorläufig