34 Berliner Baumeister und Bildhauer.
Von den Linden zur Neuen Wilhelmsstraße, welcher im Jahre 1872 dem gestei-
gerten Verkehrsbedürfniß zum Opfer gefallen ist, desgleichen die überaus nüch-
lerne Artillerie- und Ingenieurschule an der Straße Unter den Linden über-
gehend, wenden wir uns der zweiten hervorragenden Schöpfung des Meisters,
dem damaligen neuen, jetzt alten königlichen Museum, zu, welches
1824—1828 erbaut, am 3. Angust 1830 eröffnet wurde.
Die in Berlin angehäuften Knnftschätze, welche in verschiedenen zum Theil
recht unwürdigen Oertlichkeiten untergebracht waren, erforderten gebieterisch
die endliche Herstellung einer passenden Heimstätte. Diese Aufgabe wurde durch
Schinkel in umfassender, durchdachter und entschieden genialer Weise gelöst, wenn
man die lokalen Schwierigkeilen und die Spärlichkeit der bewilligten Mittel
erwägt. Von den Gesammtkosten des Baues mit 1,973,000 Mark entfielen
allein auf deu Grundban 545,000 Mark, welcher einen ganzen Wald von
8—16 m langen Pfählen zu seiner Befestiguug verschlungen hat.
Bei diesem Kunsttempel — Friedericus Gruilelmus HI studio antiquitatis
omnigenae et liberalium artram Museum constituit C101)CCCXXArIiI, lautet
die Inschrift*) — konnte Schinkel seine Klassizität im Brillantfeuer zeigen; bei
einem Gebäude zur Aufbewahrung der Schätze des griechischen und römischen
Alterthums war sie gerade am Platze. Der Schwerpunkt der äußeren Erschei-
nnng wurde in die Faxade nach der Lustgartenseite, gegenüber dem Schlosse,
gelegt, in Form einer imponirenden, auf 18 ionischen Sandsteinsäulen ruhenden,
6,59 m tiefen offenen Halle, zn welcher eine Freitreppe von 21 Stufen empor-
führt. Das Gebäude selbst bildet ein Rechteck von 86,7g rn Länge und 53,4g rn
Tiefe, welches, nach den Angaben der Architekten Fritsch, Kühn und Merzenich, zwei
innere Höfe vou 17,zg m zu 16,48 m enthält nnd aus einen: Unterbau von 3,zg m,
einem Erdgeschoß von 6,5g m und einem oberen Geschoß von 8,88 m Höhe besteht.
Das Hauptgesims erreicht 19,18 m, der mittlere Aufbau 20,gg m Höhe. Aus
der Vorhalle gelangt man in eine durch beide Erdgeschosse reichende Rotunde,
welche auf 20 korinthischen Säulen ruht und im Kleinen an das Innere des
Pantheons in Rom erinnert. Bis zu dem Oberlicht der Kuppelwölbung ist
dieser Raum 22,81 m hoch und enthält oben einen Umgang, an dessen Wänden
Tapeten (Arrazzi) angebracht sind, nach Rafael'fchen Cartons, welche sich im South-
Kensington-Museum zu London befinden, zu Lebzeiten des großen Künstlers
kunstvoll gewirkt.**) Die Rotunde selbst ist mit klassischen Skulpturen ausgestattete
Die auf die Rotunde folgende Skulpturengalerie umfaßt drei große, 9,ig m
tiefe Säle uud mehrere kleinere Kabinete. Das obere Geschoß enthält Säle
für die Bildergalerie, die durch Querwände für die Aufnahme einer größeren
Anzahl von Bildern eingerichtet und neuerdings, soweit angänglich, mit Oberlicht
versehen worden sind. Das Erdgeschoß ist für das Antiquarium, die Samm-
lung der Vasen, Terraeotten, Münzen, geschnittenen Steinen zc. eingerichtet.
Die Ausstattung dieser Räume ist eine einfache, aber sehr passend für
die Aufnahme von antiken Bildwerken und anderen Resten des Alterthums, die
*) Friedrich Wilhelm III. erichtete dem Studium des gesammten Alterthums
und der freien Künste dies Museum 1828.
**) Früher im Besitze König Karl's I. von England, kamen sie nach Versteige-
rnng von dessen Knnstschätzen in Besitz der Herzoge von Alba zu Madrid. 1823
erwarb sie der englische Konsul Tnpper und 1844 der preußische Staat.