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2. Der Spreewald.
Wenige Stunden unterhalb der kleinen Stadt Peitz komm
die Spree wegen mangelnden Gefälles in Verlegenheit, welchen
Weg sie wählen soll, und teilt sich daher in eine unzählige Menge
von Armen, die netzförmig eine weite, bei hohem Wasserstande
ganz überschwemmte Niederung durchfließen. In älterer Zeit
dehnte sich hier ein undurchdringlicher Wald, den die Wenden
zum Zufluchtsorte nahmen, als sie vor den Deutschen nach Osten
hin weichen mußten. Die Nachkommen derselben wohnen noch
heute im Spreewalde und haben nach Art ihres Stammes die
väterliche Sprache und Sitte bewahrt. Ein Teil des Spreewaldes
ist in meist künstlich erhöhtes, fruchtbares Wiesen- und Gartenland
verwandelt worden; der aus Dammerde und Sand bestehende
Boden zeigt den üppigsten Graswuchs. Ein anderer Teil bildet
noch jetzt eine beträchtliche Waldmasse. Die herrschende Holzart
ist die Erle, doch findet man auch Eichen, Buchen, Weiden und
Kiefern; auf den höheren Stellen wuchern Vogelbeeren und
Heckenkirschen als Unterholz. Außer einigen unbedeutenden Sand¬
hügeln oder Horsten ist alles ebene Fläche. Da die ganze Gegend
von zahllosen Flußarmen oder Fließen und künstlichen Kanälen
durchzogen ist, so müssen die Bewohner des Spreewaldes alles,
was anderswo zu Fuße, zu Pferde oder zu Wagen abgemacht
wird, in Kähnen verrichten; diese zimmert man aus Baumstämmen.
Mit großer Geschicklichkeit wissen die Bewohner des Spreewaldes
sie zu regieren, und pfeilschnell treibt man sie durch das Wasser.
Alle Ausflüge und Besuche macht man zu Kahne ab. In fest¬
lichem Schmucke fährt man Sonntags in Kähnen zur Kirche. Auf
Kähnen folgen die Leidtragenden der Leiche eines Verstorbenen,
welche im Kahne zum Gottesacker gebracht wird. Der Förster
besucht zu Kahne sein Revier, verfolgt zu Kahne den Holz- und
Grasdieb, fährt zu Kahne zur Jagd. Der Wildstand ist reich:
Hirsche, stark an Leib und Geweihe, viele Rehe, auch Birkhühner
und Schnepfen. Der Fremde, welcher zur Sommerzeit diese
Gegend besucht und zu Kahne bereist, hat einen reichen Genuß.
Die hohen uralten Eichen, Erlen und andere Baumarten, welche
die Ufer besäumen, bieten in der Sommerschwüle einen erquickenden
Schatten und spiegeln ihr dunkles Laub lieblich in dem klaren
HauSmann u. Wünsche, Lesebuch f. höh. Mädchenschulen, in, 2. 12