76 Das 14 Capitel. Von der Dichtkunst.
traurige Handlungen des menschlichen Lebens aufge⸗
fuͤhret werden; das Lustspiel, oder die Comoͤdie wenn
es vergnuͤgte Handlungen sind, und die Oper,
oder das Singespiel.
Was fasset die Lyrische Poesie unter sich?
Vornehmlich die Ode, welche wieder verschiede—
ne Arten hat, die Elegie, und gewisser Maassen
auch die Cantaten.
Und das Lehrgedicht ?
Dahin gehoͤret das eigentliche Lehrgedicht, die
Satyre, und das Epigramm oder Sinngedicht.
Worin bestehet das Wesentliche der Poesie?
In der Erdichtung. Uebrigens laͤsset sich auch
alles auf die Poesie anwenden was von dem In⸗
nern der Beredsamkeit gesagt worden.
Was gehoͤret zum Aeussern der Poesie?
ð Vornehmlich das Sylbenmaaß und der Reim.
Was ist der Reim?
Die Uebereinstimmung des Lautes zweyer Woͤr⸗
ter am Ende der Zeilen.
Ist der Reim zu einem Gedichte unentbehrlich?
Nein; denn die Alten wusten nichts davon. In—
dessen ist er doch in den meisten heutigen europai⸗
schen Sprachen eingefuͤhret, und dienet einem Ge⸗
dichte zu einer nicht geringen Zierde.
Welches sind die beruͤhmtesten Dichter unter
den Alten?
Homer unter den Griechen, und Virgil und
Horaz unter den Roͤmern.
Das