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53. (865. Lothar II. hatte seine Gemahlin Teutberga u&-
ÜMv und Waldrada zum Weibe genommen.) Karl d. K. und
Ludwig d. D. schickten durch die Bischöfe Altfrid (von Hildes¬
heim) und Erchanrat (von Chalons?) eine Botschaft an ihren
Neffen Lothar II. und gaben ihm auf, er solle, da er wiederholt
gesagt habe, er werde nach Rom gehen, vorher gemäß der
Ermahnung des Herrn Apostolikus und gemäß ihrer eigenen Er¬
mahnung wieder gut machen, was er gegen die göttlichen und
menschlichen Gesetze an der Kirche, der er durch seine Unbesonnen¬
heit Ärgernis bereitet, begangen habe; dann möge er, nachdem er
sein Reich geordnet, zu den Schwellen der Apostel eilen, wenn es
ihm so beliebe, um dort Nachlaß der kirchlichen Buße zu erbitten
und zu erwirken. Lothar aber glaubte, sie wollten ihm sein Reich
entreißen und unter sich teilen. Deshalb entsandte er seinen Oheim
Liutfrid an seinen Bruder, den Kaiser (Ludwig II.) von Italien,
und ersuchte diesen, bei dem Apostolikus auszuwirken, daß er zu
seinen Gunsten Briefe an seine Oheime erlasse, sie sollten den
Frieden wahren und ihm betreffs seines Reiches keine Verwicke¬
lungen bereiten. Solches erlangte Kaiser Ludwig auch. . . . Papst
Nikolaus I. sandte den Arsenius ... mit Briefen an die Brüder
Ludwig (d. D.) und Karl (d. K.), aber auch an die Bischöfe
und Vornehmen in ihren Reichen. Die Briefe enthielten, um
was Lothar durch Vermittlung seines Bruders gebeten hatte, nicht
in einer Form, wie sie der apostolischen Sanftmut und der
gewohnten Ehrerbietung entspricht, und wie sie herkömmlich die
römischen Bischöfe den Königen gegenüber anwandten, sondern
mit verletzender*) Bedrohung. . . . Arsenius überreichte Lothar
und den Bischöfen und Großen seines Reiches Briefe des Papstes,
des Inhalts, daß, wenn er nicht seine Gemahlin Teutberga wieder
annähme und Waldrada von sich ließe, der Papst ihn auf den
Bericht des Arsenius von jeglicher Gemeinschaft der Christen aus¬
schließen Müsse**). . . . Ann. Bertiniani ad a. 865.
*) Im Texte ,.malitiosal‘.
'”) Nikolaus I. war es auch, der unter den Päpsten zuerst die pseudo-
isidorischen Dekretalen benutzte. Diese Fälschung begründete wesentlich mit die
päpstliche Allgewalt in der röm. Kirche. S. Gieseler, Kirchengeschichte II, 1. §20.