22. Deutsche Familie und deutscher Herd.
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dem echten Schmuck, der hervorblüht aus treu bewahrtem Volkstum
und lebendigem Glauben; sie trauert mit den Trauernden und tröstet
die Lebenden und Sterbenden.
Der Herd ist der eigentliche Mittelpunkt der Ansiedelung, der darum
auch die Bedeutung der Heimat erhielt. Um ihn und das Herdfeuer,
das altnordisch das Gesprächsfeuer heißt, sammeln sich alle Herd¬
genossen; hier treffen alle Strahlen des gemeinsamen Lebens in einem
Brennpunkte zusammen, hier ist die trauliche Stätte, wo das Glück einer
friedlichen Häuslichkeit jedermann fühlbar wurde.
Als ein hehres Kleinod, als der Altar des Hauses und der Mittel¬
punkt des heimatlichen Lebens ist der Herd vom deutschen Volke von
jeher gefaßt worden, wie denn auch der Altar des nordischen Hofes auf
vaterländischer Erde stehen mußte, die man aus der Heimat mit in die
neue Ansiedelung nahm. Als Heiligtum erscheint der Herd durchweg bei
unserem Volke bis in die neuere Dichtung hinein; so heißt es noch bei
Schiller im Tell: „Hast du der Kinder liebes Haupt verteidigt, des
Herdes Heiligtum beschützt?" Darum, weil der Herd als heilig galt,
wurden auf die Einfassung des Kamins geschnitzte Hausgötter aufgestellt.
Die Sitte solcher Bildnisse von Hausgeistern, die sich den römischen Laren
und Penaten vergleichen lassen, währte noch in christlicher Zeit fort.
Wir lächeln wohl über jene kindliche Sitte der Vorzeit, ohne zu be¬
denken, welchen Sittenkern sie birgt: den nämlich, daß der Geist des
Hauses vom Herde ausgeht.
Der häusliche Herd also war vorzeiten der Ursih des Haus- und
Familiengeistes, der Haus- und Familiensitte, wie er der Ursih der von
ihm benannten Herdschaft, der Familie und des Volkes ist. In diesem
Sinne sagt Goethe:
Als noch die Frau den Herd versah,
Da stand es wohl um unser Haus!
Und aus der alten Schule stammt das Lied:
Als der Großvater die Großmutter nahm,
Da war noch die Welt ein ganz andrer Kram.
Sie las nicht Romane, sie ging vor den Herd,
Und mehr war ihr Kind als ein Schoßhund ihr wert;
Aber heut', ja, heut' sind es ganz andere Leut'.
Vom Herde ersteht alles echte Haus-, Familien- und Volksleben.
Hier sollte der Familienvater als Priester, hier die Hausmutter als
Priesterin walten. Hier sollte das Feuer des Glaubens, der Liebe, der