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Wert eines Dinges bestimmen. Ich meine das Zündhölzchen. Ihr
streicht es an, da, wo es sein kleines Köpfchen herausstreckt. Es brennt.
So habt ihr es ja von frühester Kindheit an gesehen! Habt ihr aber
auch schon darüber nachgedacht, warum das so ist? Daß es die durch
Reibung verursachte Wärme ist, die das Feuer erzeugt, und daß die
trefstiche Erfindung eben darin besteht, daß ein Stoff ausfindig gemacht
wurde, der sich bei einem geringen Wärmegrade schon entzündet, wie der
Phosphor, und daß dieser Stoff dann mit einem andern in Berührung
gebracht wurde, der sehr schnell Feuer fängt, wie der Schwefel? Die
Kenntnis des Naturgesetzes, daß Reibung Wärme erzeugt, ist dabei voraus¬
gesetzt; diese Kenntnis hatte man allerdings, wie es scheint, schon früh.
Was würden aber unsere Hausfrauen und Köchinnen dazu sagen, wenn
man ihnen zumuten wollte, erst stundenlang zwei Hölzer aneinander zu
reiben wie die Wilden, um eine Suppe über das Feuer zu bringen?
Und wenn wir erst mit unsern Gedanken die verschiedenen Wege zurück¬
laufen, auf denen unser Zündhölzchen hergekommen ist — in den Fichten¬
wald, aus dem es seinen Rumpf erhalten; in den Tropenwald, wo das
Gummi von den Bäumen gesammelt wird für den Kopf des Hülzchens;
in das Bergwerk, wo der Schwefel gewonnen wurde, der zusammen mit
dem Phosphor das Köpfchen so hitzig macht; endlich in das Laboratorium
des Chemikers, der den gefährlichen Phosphor unter Verschluß hält: —
dann werden wir vollends Hochachtung vor dem kleinen Dinge bekommen.
Ja, selbst als einen Blutsverwandten müssen wir es behandeln. Denn
in unsern eigenen Knochen steckt jener Phosphor, und aus Knochen von
Menschen und Tieren wird er bereitet.
b) Wieviel Hilfe wir in Anspruch nehmen für unsere Kleidung.
Wir gehen über zur Kleidung; und es soll auch hier nur weniges
hervorgehoben, das meiste dem eigenen Nachdenken des Lesers überlassen
werden.
Kauft man nicht etliche Nadeln für einen Pfennig? Wer aber je
eine Nadelfabrik gesehen hat, der weiß auch, daß keine einzige Nadel von
einer Hand gemacht sondern daß für jede einzelne eine ganze Reihe ver¬
schiedener Arbeiter in Anspruch genommen wird. Und nun erst, was für
ein künstlich zusammengesetzres Ding ist eine Maschine, die doch auch erst
hergestellt sein muß, ehe man sie zur Verfertigung der Nadeln ver¬
wenden kann! Denn anders als durch Maschinen und mit Hilfe des
Dampfes werden ja jetzt alle derartigen Dinge nicht mehr gefertigt.
Ferner die Stoffe, aus denen unsere Kleider gemacht sind, der
Jaden, mit dem sie genäht werden! Bis der Hanf oder Flachs für unsere
Hemden gebaut, gesponnen, gewebt ist und die Röcke oder Beinkleider von
ihrem ersten Zustande auf dem Rücken des Schafes bis zu demjenigen
gebracht sind, in welchem der Schneider das Zeug in Empfang nimmt:
welche Fülle der verschiedensten Arbeit ist darauf verwandt! Und nun