Full text: [Bd. 3, Abt. 2] (Bd. 3, Abt. 2)

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Das Zeitalter der Reformation. 
des Cölibats und das unter der Mitwirkung auswärtiger Theologen (wie Mar¬ 
tin Butzerund Peter Martyr) ausgearbeitete Glaubensbekenntniß der 39 
Artikel stellte die ang litauische Kirche in die Reihe der protestantischen, 
wenn gleich die Beibehaltung der bischöflichen (Episcopal-) Verfassung 
und hierarchischen Rangordnung des Klerus, so wie der Fortgebrauch des farbigen 
Ornats beim Cultus , das Dogma von der apostolischen B isch ofsfo lg e, 
das mit der Bischofswürde verbundene Ordinationsrech t und andere Cere- 
monien und Satzungen an die katholische Kirche erinnern. Auch das neue Kir¬ 
chenrecht hielt, wie die ganze (anglicanisch-katholische) Hochkirche, die Mitte zwi¬ 
schen der römisch-katholischen und der protestantischen Kirche des Festlandes. — 
Gardiner, Bischof von Winchester, ein schlauer Prälat, und Bonner, Bi¬ 
schof von London, bestritten das Recht des Regentschaftsrathes, während des 
Königs Minderjährigkeit kirchliche Reformen vorzunehmen, weshalb sie ihrer 
Stellen entsetzt und in Haft gehalten wurden. 
§. 504. Maria Tudor. Somersets Herrschsucht und barsches Wesen 
zog ihm die Feindschaft der übrigen Glieder der Regentschaft, und sein Stre¬ 
ben, die Lage des von den neuen Eigenthümern der ehemaligen Klostergüter 
hart gedrückten Landvolks zu erleichtern, den Haß des Adels zu. Eine mäch¬ 
tige Partei erhob sich gegen ihn und bewirkte durch Ranke und Verschwö- 
1552. rungen zuerst seinen Sturz und dann seine Hinrichtung. An seine Stelle trat 
das Haupt der Gegenpartei, der ehrgeizige Warwic, der als Herzog von 
Northumberland über den schwachen König und das Reich eben so unum¬ 
schränkt regierte wie sein Vorgänger. Und um seine Herrschaft zu verlängern, 
beredete er den todtkranken Eduard zur Abänderung der Testaments-Be¬ 
stimmung seines Vaters, indem er statt seiner katholischen Schwester Maria 
die mit Du dl ey, Northumberlands Sohn, vermählte evangelisch-gesinnte 
Johanna Gray, eine Großnichte Heinrichs VIII., zu seiner Nachfolgerin 
Juüi553. ernannte. Aber theils der Haß gegen den herrschsüchtigen Northumberland, 
theils die angestammte Ehrfurcht für die gesetzmäßige Erbfolge wirkten für 
Tudor Maria. Durch die Zusicherung, Niemand in seinem Glauben stören zu wol- 
1553-58.{eri/ buchte sie das Volk schnell auf ihre Seite und gewann den Thron. 
Northumberland starb auf dem Schaffot. Dudley und die edle, klassisch 
gebildete Johanna Gray, die in Plato'sSchriften nicht minder als in der 
1554. Bibel belesen war, schmachteten einige Zeit im Kerker, bis sie gleiches Geschick 
traf. Ihrer ursprünglichen Zusage blieb Maria nicht treu. Erzogen im Glau¬ 
ben an die katholische Kirche, für den ihre Mutter Katharina geduldet und 
sie selbst eine freudenlose Jugend voll Entbehrung zugebracht, war sie begei¬ 
stert für dessen Sieg. 
Sie bewog das Parlament, die unter ihres Bruders Regierung eingeführte 
Kirchenordnung aufzuheben, entsetzte Cranmer und die widerstrebendenBischöse 
ihrer Würden und ließ ihn und seine eifrigsten Gefährten, Ri d ley und Lati- 
mer, zu Orford in den Flammen sterben. Kardinal P o l e, der gelehrte Ver¬ 
fechter des päpstlichen Primats und der Todfeind ihres Vaters, gegen den er von 
Italien aus Verschwörungen gebildet, bestieg den erzbischöflichen Stuhl in Can-
	        
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