Full text: Die Heimat (3 = 4. Schuljahr, [Schülerband])

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erhalten kann, so wär' mir's wohl lieb.“ Da erfüllte der Herr ihre 
Wüunsche, verwandelte ihr altes Haus in ein neues, gab ihnen noch— 
mals seinen Segen und zog weiter. 
Es war schon voller Tag, als der Reiche aufstand. Er legte sich 
in's Fenster und sah gegenüber ein neues reinliches Haus mit rothen 
Ziegeln, wo sonst äine alte Hütte gestanden hatte. Da machte er 
Froße Augen, rief seine Frau herbei und sprach: Sage mir, was ist 
Zeschehend Gestern Abend stand noch die alte, elende Qutte, und heute 
eht da ein schönes, neues Haus. Lauf hinüber und höre, wie das 
gekommen istl“ Die Frau ging und fragte den Armen aus. Er er— 
Jahlte ihr: „Gestern Wend kam ein Wanderer, der suchte Nachther⸗ 
berge, und heute Morgen beim Abschiede hat er uns drei Wünsche 
gewährt; die ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das 
Nothdurftige, tägliche Brot dazu — und zuletzt noch statt unserer alten 
Hutle ein schönes, neues Haus.“ Die Frau des Reichen lief eilig 
ruck und erzählte ihrem Manne, wie alles gekommen wäre. Der 
Mann sprach Ich möchte mich zerreißen und zerschlagen, hätte ich 
das nur gewußth Der Fremde ist zuvor hier gewesen und hat bei 
Uns uͤbernachten wollen, ich habe ihn aber abgewiesen.“ „Beeile dich,“ 
sprach die Frau, „und sehe dich auf dein Pferd, so kaunst du den 
Mann noch einholen, und dann mußt du dir auch drei Wünsche ge— 
währen lassen!“ 
Der Reiche befolgte den guten Rath, jagte mit seinem Pferde 
davon und holte den lieben Gott noch ein. Er redete fein und lieb— 
lich und bat er moöcht's nicht übel nehmen, daß er nicht gleich wäre 
eingelassen worden, er hätte den Schlüssel zur Hausthür gesucht, der— 
pel wäre er weggegangen; wenn er des Wegs zurückkäme, müßte 
er bei ihm einkehren. „Ja,“ sprach der liebe Gott, „wenn ich einmal 
zurückkomme, will ich es thun.“ Da fragte der Reiche, ob er nicht 
uch drei Wünsche thun duͤrfte wie sein Nachbar. — Ja, sagte der 
liebe Gott, das durfte er wohl, es wäre aber nicht gut für ihn, und 
er sollte fich lieber nichts wünschen. Der Reiche meinte, er wollte 
sich schon elwas aussuchen, das zu seinem Glücke gereiche, wenn er 
nur wußte, daß es erfüllt würde. Sprach der liebe Gott: „Reite heim, 
Und drei Wunsche, die du thust, die sollen in Erfüllung gehen.“ 
Nun hatte der Reiche, was er verlangte, ritt heimwärts und fing 
an nachzusinnen, was er sich wünschen sollte. Wie er sich so bedachte 
Und die Zuůgel fallen ließ, sing das Pferd an zu springen so daß er 
immerfort in seinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zu⸗ 
sammenbringen konnte. Er klopfte es an den Hals und sagte: „Sei 
ruhig, Liesel“ aber das Pferd machte auf's neue Männerchen. Da 
vard er zuletzt aärgerlich und rief ganz ungeduldig: „So wollte ich, 
daß du den Hals erbrächst!“ Wie er das Wort ausgesprochen hatte, 
plumps, fiel er auf die Erde, und das Pferd lag todt und regte sich 
lcht mehr; damit war der erste Wunsch erfüllt. Weil er aber von 
Ralur geizig war, wollte er das Sattelzeug nicht im Stiche lassen, 
schnitl's ab, hing's auf seinen Rücken und mußte nun zu Fuße gehen. 
„Du hast noch zwei Wünsche übrig,“ dachte er und tröstete sich damit.
	        
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