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von den Engländern als Gefangener auf die einsame Jnfel St Helena
im Atlantischen Ozean gebracht. Dort ist der gestürzte Machthaber
im Jahre 1821 an Magenkrebs gestorben.
12. Friedrich Wilhelms Friedensjahre. Gerade ein Viertel¬
jahrhundert dauerte nach den Freiheitskriegen noch die Regierung
des Königs, der soviel hatte durchmachen müssen. In dem Deut¬
schen Bunde, der an die Stelle des alten Kaisertums getreten
war, nahm Preußen die erste Stelle neben Österreich ein; bald erholte
es sich von der schweren Kriegszeit, die hinter ihm lag, und der Wohl¬
stand des Volkes nahm einen großen Aufschwung. Damals kamen
auch die Maschinen auf, und es entstanden viele Fabriken. Noch erlebte
der König die Fahrt des ersten Dampfers auf dem Rhein,
den Bau der ersten Eisenbahn und die Erfindung des T e l e -
g r a p h e n ; aber die ungeheure Entwicklung, die das ganze Ver¬
kehrswesen später nehmen sollte, hat er nicht ahnen können.
Friedrich Wilhelm wurde siebzig Jahre alt. Im Jahre 1840
starb er eines sanften, ruhigen Todes. „Meine Zeit mit Unruhe,
meine Hoffnung in Gott": dieser Wahlspruch des Königs verklärt
sein ganzes Leben. An der Seite der Königin Luise wurde Friedrich
Wilhelm im Mausoleum zu Charlottenburg bestattet.
14. Friedrich Wilhelm IV., 1840—1861.
1. Das Streben des Königs. Dem Vater folgte der hoch¬
begabte Kronprinz, dessen Gemahlin die Prinzessin Elisabeth von
Bayern war, als Friedrich Wilhelm IV. in der Regierung nach.
Als er den Thron bestieg, gelobte er seinem Volke feierlich, „ein
gerechter Richter, ein treuer, sorgfältiger, barmherziger Fürst zu
sein, die Herrschaft in der Furcht Gottes und der Liebe der Menfchen
zu führen, mit offenem Auge, wenn es die Bedürfniffe der Völker,
mit geschlossenem, wenn es die Gerechtigkeit gilt." Dieses Gelöbnis
hat der König nach besten Kräften gehalten. Er zeigte sich als einen
edlen und gütigen Fürsten, der für alles wahrhaft Gute und Schöne
begeistert war. Dabei war er sehr fromm; „Ich und mein Haus, wir
wollen dem Herrn dienen," so sagte er einst zu den Vertretern des
Volkes.
Künste und Wissenschaften hatten an Friedrich Wilhelm einen
hohen Gönner. Gern verkehrte er mit geistvollen und gelehrten
Männern, und er zog deshalb viele an seinen Hof. Der große Natur¬
forscher Humboldt war sein guter Freund, und die gelehrten Brüder
Grimm, die unsere deutschen Kinder- und Hausmärchen gesammelt
haben, machte er zu Lehrern an der Berliner Hochschule.
Der König liebte altehrwürdige Bauwerke. Das Schloß der
Deutsch-Ordensritter zu Marienburg in Westpreußen und die Hohen-