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Hof; er hieß Aula, wie noch heute der Versammluugsraum einer
Schule genannt wird. In der Mitte des Hofes erhob sich der Altar¬
stein, auf dem der Hausherr opferte. An den Seiten lagen Schlaf¬
räume und Vorratskammern, hinter dem Hofe ein Saal, der als
Besuchs- und Speiseraum diente; in ihm stand auch der Herd. Vom
Saale gelangte man in das Frauengemach, und hinter diesem
befand sich wohl ein kleiner Garten. Der Hausrat war einfach.
Beim Essen, Lesen und Ruhen bediente man sich niedriger, mit
Polstern belegter Bänke. Truhen bargen Kleidungsstücke und
Schmucksachen. An Gefäßen gab es im Hause Kessel, Mischkrüge,
Olflaschen, Kannen, Becher und dergleichen. Viele Behälter waren
von Ton und schwarz oder bunt bemalt.
Anspruchslos war auch die Kleidung. Die Frauen
trugen über dem kurzärmeligen Untergewande aus Wolle oder Leinen
ein großes wollenes Tuch; mit buntem Besatz verziert und von
einem Gürtel umschlossen, wallte es auf die Füße. Ein linnenes
Kopftuch oder ein breiter Strohhut schützte gegen die Sonne. Auch
Fächer und Sonnenschirme waren beliebt. Sandalen bildeten die
Fußbekleidung. Die Männer hatten als Obergewand ebenfalls
ein Tuch, statt dessen auch einen faltigen Mantel. Sie gingen meist
ohne Kopfbedeckung; kurzes Haar trugen sie erst in der späteren Zeit.
§ 77. Der Verlauf des Tages. Bei Sonnenaufgang erhob man
sich vom Lager. Als Frühstück diente ein Gebäck oder ein Stück
Weizenbrot, das man in ungemischten Wein tunkte. Dann ging
die Frau an ihre häusliche Beschäftigung, der Mann an seine Arbeits¬
stelle, in sein Amt oder, wenn er Muße hatte, in die Werkstätte eines
Künstlers, auf den Ringplatz oder den Markt. Hier pflegte man
sich zu treffen, Geschäfte abzuschließen und sich nach Neuigkeiten zu
erkundigen. Auch machte der Mann, nicht die Frau, auf dem Markte
die Einkäufe für die Küche. Gegen Mittag folgte das zweite Früh¬
stück; es gab Feigen, Brot und Zwiebeln, auch wohl abgekochtes
Gemüse. Vor Sonnenuntergang wurde stets ein Bad genommen.
Dann ging es zur Hauptmahlzeit. Sie bestand aus gekochtem oder
gebratenem Lamm- oder Ziegenfleisch, Geflügel, Fischen, Gemüse,
Früchten, besonders Weintrauben, und Käse; dazu trank man ge¬
mischten Wein, der mit Gewürz oder Honig versetzt war. Man aß
noch mit den Fingern; das Fleisch kam zugeschnitten auf den Tisch.
Bei festlichem Mahle wurde das Haar mit einem grünen Kranze
geschmückt. Waren Gäste anwesend, so sorgten oft Gaukler und
Tänzer für Kurzweil. Bevor man die Ruhe aufsuchte, was zeitig
geschah, erging man sich noch wohl auf dem Dache des Hauses. So
ist es jetzt noch im Süden Sitte.