Full text: Bilder aus der griechischen und römischen Sage und Geschichte, Römer und Germanen (Teil 2)

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§ 78. Die Erziehung. Bei der großen geistigen Regsamkeit 
des Volkes war die Erziehung in Athen vielseitig. Die Kinder 
durften viel spielen. Spielzeuge, wie Puppen (aus Wachs oder 
Ton), Ball, Kreisel, Reifen waren ihnen wohlbekannt; auch Schaukel- 
und Blindekuhspiel trieben die Kleinen. Streng wurde bei aller 
Freiheit auf Gehorsam gesehen. Vom siebenten Jahre an besuchten 
die Knaben unter der Aufsicht eines älteren Sklaven, den man 
„Pädagoge", d. H. Knabenführer, nannte, eine Schule. Hier be¬ 
trieben sie Lesen, Schreiben, etwas Rechnen, Gesang und Saiten¬ 
spiel. Als Schreibvorschriften dienten Sinnfprüche, für die Lese¬ 
übungen besonders Homer, aus dessen Gesängen auch viel auswendig 
gelernt wurde. Großen Wert legte man auf körperliche Übungen, 
denn man meinte, daß ein gesunder Geist nur in einem gesunden 
Körper wohnen könne. Die Mädchen wuchsen unter der Aufsicht 
der Mutter und einer Wärterin im Hause auf. Schulen für Mädchen 
gab es nicht. Statt lesen und schreiben lernten sie spinnen und weben. 
Das öffentliche Leben blieb ihnen unbekannt, auch das Theater. 
Sklavinnen bildeten im Hause ihre tägliche Gesellschaft. 
§ 79. Die Stellung der Frau. Das Ansehen der Frau war 
im Laufe der Zeit gesunken. Je mehr das öffentliche Leben den 
Mann in Anspruch nahm und vom Hause fernhielt, desto mehr 
blieb sie sich selbst überlassen. Ihr Einfluß nach außen trat zurück. 
Bald war sie ganz auf das Haus beschränkt, wo sie bei ihren Kindern 
und Sklavinnen ein abgeschlossenes Leben führte. Ihren Gatten 
sprach sie mit „Herr" an. Das Frauengemach durfte sie ohne seine 
Erlaubnis nicht verlassen. Öffentliche Veranstaltungen, z. B. 
Theater, zu besuchen, war ihr nicht erlaubt. An der Bildung der 
Zeit hatte sie keinen Anteil. Spinnen, Weben und Anfertigen der 
Kleider für die Familie blieben ihre befondere Aufgabe; das Kochen, 
Mahlen und Backen besorgten dagegen die Sklavinnen. Betrat 
die Frau, was selten der Fall war, die Straße, so mußte sie sich 
von einer Sklavin begleiten lassen; allein zu gehen, war für sie 
unstatthaft. Nur Frauen von geringem Stande, die keine Sklavinnen 
hatten, konnten sich freier bewegen. Ein Familienleben in unserem 
Sinne war ganz unbekannt. Wo aber dieses fehlt, ist es im Grunde 
um ein Volk nicht gut bestellt. 
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