— 87 —
rnanien bis zur Elbe römisch zu sein, da vernichtete im Jahre 9 n. Chr.
der junge Cheruskerheld Arminius im Teutoburger Walde die
Legionen des Varus, und der Rhein schied fortan das römische Reich
von den freien Söhnen der germanischen Wälder.
Zu N6la in Kampänien nahte dem 76jährigen Kaiser der
Tod, 14 n. Chr. „Nun klatschet Beifall", sagte der Sterbende zu
seinen Freunden, „denn ich habe meine Rolle gut gespielt!"
§ 150. Kaiser aus dem Hause des Augustus. Die Enkel des
Augustus, die Söhne seiner Tochter Julia, waren in blühendem Alter
vor ihm dahingestorben, und so folgte auf den alten Kaiser sein Stief¬
sohn T i b 6 r i u s. Die Regierung dieses Fürsten war anfangs
gerecht und milde, besonders gegen die Untertanen in den Provinzen.
Aber allmählich nahm er ein düsteres, argwöhnisches Wesen an, das
ihn zu Härte und Grausamkeit verleitete. Tiberius endete wahrschein¬
lich durch Meuchelmord?) Die beiden folgenden Kaiser waren ver¬
ächtliche Herrscher. Sie wurden aber an Schlechtigkeit übertroffen
von Nero, einem großen Verbrecher auf dem Kaiserthrone. Er
vergiftete seinen Bruder an der Tafel und ließ seine Mutter, sowie
seine Gattin töten. Als eine furchtbare Feuersbrunst einen großen
Teil von Rom zerstört hatte, beschuldigte man den Kaiser, das Feuer
selbst angelegt zu haben; Nero schob die Schuld auf die Christen und
veranlaßte die erste Christenverfolgung?) Die abgebrannten Stadt¬
teile ließ er glanzvoll wiederaufbauen; für sich selbst errichtete er einen
Palast von märchenhafter Pracht, das „goldene Haus". Bald hernach
starb er auf der Flucht vor Verschwörern durch Selbstmord. Mit pq
Nero endete das Haus des Augustus, das Geschlecht Cäsars. OO
§ 151. Im kaiserlichen Rom. Keine Weltstadt unserer Zeit,
weder Berlin noch Paris noch London, hätte sich nach den Worten
eines großen deutschen Geschichtschreibers (Mommsen) an eigen¬
artigem Glanze mit der „marmornen Stadt" messen können, die
Augustus bei seinem Tode hinterließ. Das Aussehen Roms, das
sicherlich über eine halbe Million Einwohner zählte, war gegen früher
völlig verändert. Ganze Stadtteile waren durch neue ersetzt. Zahl¬
lose öffentliche Prachtbauten aus blendendem Marmor schmückten
Markt und Straßen. Es gab Tempel aller Völker, über 400 an der
Zahl, darunter auch eine Synagoge der Juden. Alle überragte an
Pracht das von Augustus neu erbaute Heiligtum des donnernden
Jupiter auf dem Kapitol, in dessen Tempelschatz der Kaiser 26 000
Pfund Gold niederlegte. Ein wunderbarer Kuppelbau war das noch
jetzt als Kirche dienende Pantheon, d. h. Tempel aller Götter.
1) Gedicht: Geibel, „Der Tod des Tiberius."
2) Gedicht: ©all et, „Nero."