Full text: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden (Teil 3)

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über die glückliche Eroberung der letzten Maurenfestung Granada, 
1492, stellte sie ihm in demselben Jahre drei kleine Schisse mit 
achtzig Matrosen, freigelassenen Gefangenen, zur Verfügung. 
Am 3. August zog Kolumbus mit ihnen von dem kleinen anda- 
lusischen Hafen Palos aus wohlgemut auf das unbekannte Meer. 
Es war ein ungeheures Wagestück. Heute gebraucht ein großer 
Dampfer für den etwa 5000 km weiten Weg nach Nordamerika 
fünf Tage; Kolumbus blieb siebzig Tage unterwegs. Abgesehen 
von einem kurzen Aufenthalte auf den Kanarischen Inseln, wo ein 
Schiff auszubessern war, sah man nichts als Wasser und Wolken. 
Endlich zeigten sich die ersten Spuren eines nahen Landes; ein 
Baumast mit roten Beeren und ein künstlich geschnitzter Stab 
schwammen auf der Flut. In der Morgenfrühe des 12. Oktober 
erscholl auf dem vordersten Schiffe plötzlich der Jubelruf: 1 JQQ 
„Land!" „Land!" Und siehe, eine grüne Insel ragte aus 
der Meeresflut empor?) Vor den Augen der rothäutigen Ein geborenen, 
die sich erstaunt am User gesammelt hatten, sprang Kolumbus als 
erster aus dem Schiffsboote au den sonnigen Strand und gab dem 
kleinen Eilande zum Danke für den erlösenden Schutz Gottes den 
Namen SanSalvad6r,d. h. Erlöserinsel. Es war die heutige 
Watlingsinsel, die zu der englischen BahamLgruppe gehört. Der 
Boden eines neuen Erdteils war betreten. Aus der Weiterfahrt 
nach Süden fand Kolumbus die schönen Antilleninseln Kuba, wo 
er zuerst das Tabakrauchen sah, und H a i t i; er nannte dieses Hispa- 
niola, d. h. Kleinspanien, und gründete hier die erste spanische 
Kolonie der neuen Welt. 
§ 143. Die ferneren Fahrten des Kolumbus. Nach glücklicher 
Heimkehr mit Ehren überhäuft, unternahm der kühne Mann noch 
drei weitere Fahrten. Die zweite Reise, auf der ihn bereits Missio¬ 
nare begleiteten, führte ihn zu den beiden anderen Antillen Ja¬ 
maika und Portorico, die dritte nach der „Dreifaltigkeits¬ 
insel" Trinidad und der Küste von Süd amerika. Inzwischen 
hatte sich gegen die Grausamkeit der Spanier in Haiti ein Aufstand 
der Eingeborenen erhoben, und Kolumbus selbst war am Madrider 
Hofe der Härte und des Eigennutzes bezichtigt worden. Er wurde 
deshalb von einem Untersuchungsrichter, der nach Haiti entsandt 
war, in Ketten gelegt und zur Verantwortung nach Spanien geschafft. 
Zwar setzte ihn hier ein königlicher Befehl sosort in Freiheit, und der 
Hof erwies ihm hohe Ehren, aber das Statthalteramt wurde ihm 
nicht wieder übertragen. Noch unternahm Kolumbus eine vierte 
1) Gedichte: Brachrnann, „Kolumbus." Schiller, „Kolumbus." — 
Vgl. Lohmeyers Wandbild „Kolumbus' erste Landung in Amerika" (Berlin, 
Troitzsch). 
V oos-Z urbonsen, Geschichte für Müdchen-Mittelschulen, Teil III. 6
	        
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