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Siebenter Abschnitt.
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und zieht sich vom Hofe zurück.0 Als ein Zeichen der herrschenden
Unzufriedenheit mit den politischen Zuständen im Reich erscheint
der grofsartige Zug deutscher Pilger unter Führung des Erz¬
bischofs Siegfried von Mainz und Günthers von Bamberg nach
dem Heiligen Lande.0
b) Für Anno wurde die Abwesenheit vom Hofe verhängnisvoll. Das
Konzil von Mantua war für ihn nur ein scheinbarer Triumph;1 die Preisgabe
des unter seiner Mitwirkung erhobenen Cadalus war und blieb für die Reichs¬
gewalt eine empfindliche Niederlage. Noch schlimmer war es für ihr Ansehen,
dafs sie den Beschlüssen der Mantuaner Synode keine Geltung zu schaffen ver¬
mochte. Bei seiner Rückkehr fand Anno die Lage verändert (Anno an Ale¬
xander 1066 bei Gsbr. Dokum. S. 1259): memor omnium quae mihi Mantuam
eunti ante et retro in via illa domi quoque parata fuerant. Das geht auf Adal¬
berts Bemühungen, Annos EinfLufs auf den König zu untergraben. Auch die
Kaiserin ist seit dem Januar wieder am Hofe nachweisbar.2 In den Urkunden
des Königs erscheint Anno als Intervenient nach seiner Rückkehr nur noch
viermal, in zwei Urkunden aus der Pfalz Allstedt vom 11. Juli, je einer vom
19. und 31. Juli, beide aus Goslar, St. 2646. 2647. 2649. 2650 seitdem mied
er bis tief in das folgende Jahr hinein den Hof. Durch welche Mittel Adalbert
seinen Einflufs auf den König sicherte, sagt Lampert 1063, S. 90: saepius col-
loquendo, obsequendo etiam atque assentando ita sibi regem brevi devinxerat,
ut ceteris episcopis posthabitis totus in eum inclinaretur et ipse in regno com-
muni pene monarchiam usurpare videretur; vgl. dazu das spätere chron. Lauresh.
SS. XXI, 414: Cuius (Annos) absentiam (in Mantua) Adelbertus Premensis archi-
episcopus aucupatus, ut erat effrenis avaritiae, omni arte circa aulieos molitur,
ut regis pueri eruditio et pedagogium sibi committeretur his delenificis
persuasionibus inflexo rege avaritiae suae pandit hiatum et duas mox regales
abbatias, Laureshamensem atque Corbeiensem, quasi fidei devotionisque prae-
mium, erga regem ambivit. — (s. u.)
Der König weilte nach den Urkunden am 2. Okt. zu Halle, am 26. Okt.
zu Magdeburg, am 18. Nov. zu Quedlinburg, am 5. Dez. zu Goslar (St. 2651,
2652. 2653. 2654. 2655), wo auch das Weihnachtsfest begangen wurde; Lamp.
Berth, (nach ann. Alt. mai. geschah dies in Köln).
• c) Der Urheber des Pilgerzuges von 10643 war Erzbischof Siegfried von
| Mainz. In einem Briefe an Papst Alexander II. giebt er seiner Absicht Aus-
1) Die Auffassung, nach, welcher die Entscheidung der Papstfragen damals wirklich noch heim Reiche
stand (Eanke, Wg. VII, 227, Lindner, Anno44, Gsbr. UI, 106, Martens, Greg. 1,35) ist in Wahrheit
nicht aufrecht zu erhalten. \gl. die triftigen Bemerkungen von Manitius 518.
2) Gsbr. läfst sie gegen Anno thätig sein. Das erscheint zweifelhaft. Wichtiger ist, dafs Adalbert
inzwischen mit Erfolg danach gestrebt hatte, mit dem aufstrebenden Stand der königlichen Ministerialen Fühlung
zu gewinnen und denselben zu emem festen Stützpunkt der kgl. Macht den Fürsten gegenüber zu machen. Vgl.
Chron. Lauresh. SS. XXXI, 413, Nitzsch HZ. 45,200, Spiels S. 13 f., auch Annos Brief an den Papst vom
J. 1065 (Gsbr. Dok. S. 1258): ne vel hoc vel illud ab illis consultetur aut violetur hominibus, qui nunc ea sese
putant habere in manibus et revera ad quos minime pertinet et talibus.
3) Es ist gewifs ein Zeichen von der Schwäche des Reiches und von der in der Kirche eingerissenen
Zügellosigkeit, dafs vier Bischöfe zum Schaden ihrer Diöcesen auf Jahresfrist aufser Landes gehen, ohne von
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