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Schlafen und Schmausen ergeben. Die Tapfersten und
Streitbarsten treiben nichts: die Sorge für Haus und
Herd und Feld bleibt den Frauen, den Greisen und den Un-
vermögendsten der Familie überlassen1), jene brüten hin.
Seltsamer Widerspruch der Natur, daß dieselben Menschen
so sehr den Müßiggang heben und die Ruhe hassen!
Sitte ist, daß die Gaue Mann für Mann den Ober¬
häuptern freiwillige Gaben an Vieh oder Feldfrüchten Zu¬
sammenlegen, was als Ehrengeschenk angenommen wird
und zugleich dem Bedürfnisse abhilft. Vorzüglich heben
sie Geschenke benachbarter Völker, die nicht bloß von
einzelnen Personen, sondern von Gemeinschaften über¬
sandt werden: auserlesene Rosse, gewaltige Rüstungen,
Pferdeschmuck und Halsgeschmeide. Schon haben wir
sie auch Geld annehmen gelehrt 2).
Das Privatleben,
8. Wohnung.
16. Daß die Völker Germaniens nirgends in Städten
wohnen, ist hinlänglich bekannt; nicht einmal zusammen¬
gebaute Häuser dulden sie?). Abgesondert und zerstreut
siedeln sie sich an, wie eine Quell, eine Flur, ein Gehölz
sie dazu einladet4). Die Dörfer legen sie nicht nach
]) Diese Abneigung des Mannes gegen die regelmäßige
Arbeit milderte sich, als das Eroberungswesen friedlicheren
Zuständen gewichen war; erst die völlige Seßhaftigkeit machte
den Krieger zum Bauern.
2) Eine Folge des Grenzverkehres am Rhein.
3) Wohl aber frei gebaute Dörfer; immer aber ist das
Haus von einem Hofe umgeben.
4) „Wer Westfalen kennt“, bemerkt hierzu Ober-
breyer, „weiß, daß hier noch heutzutage die Gehöfte meist ganz
zerstreut und vereinzelt liegen, so daß der Landmann nicht
selten fast eine Viertelstunde bis zum nächsten Nachbar zu