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töten !) ist ihnen Greuel; mehr gelten dort gute 
Sitten als anderswo gute Gesetze2). 
11. Kinderzucht und Erbrecht. 
20. In allen Familien wachsen die Kinder in spärlicher 
und nachlässiger Kleidung zu diesen Gliedmaßen, zu diesen 
Leibern auf, die wir anstaunen. Jedes zieht die eigene 
Mutter auf, und sie werden nicht an Mägde und Ammen 
abgeliefert. Keine Weichlichkeit der Erziehung unter¬ 
scheidet Herren und Knechte. Unter eben dem Vieh, 
auf eben dem Boden leben sie, bis die Freigeborenen 
das Alter absondert, Tapferkeit sie heraushebt. Spät 
kommt der Jüngling zur Ehe: daher die unerschöpfte 
Kraft. 
Auch die Jungfrauen werden nicht zu früher Ver¬ 
heiratung gedrängt. Gleich an Jugend, ähnlich an Hoch¬ 
gestalt, verbinden sich Starke mit Starken, und von der 
Eltern Kraftfülle zeugen die Kinder. Die Schwestern¬ 
söhne sind dem Oheim ebenso wert als dem Vater. 
Manche sehen dieses Band des Blutes noch für heiliger 
und inniger an und dringen bei Abforderung von Geiseln 
vornehmlich auf solche Kinder, weil sie fester das Gemüt, 
umfassender die Familie verpflichten. Erben jedoch und 
Nachfolger sind nur die eigenen Kinder. Testamente gibt 
es nicht. In Ermangelung der Kinder folgen als nächster 
Grad im Besitztum Brüder, Vaterbrüder, Mutterbrüder. 
Je größer die Zahl der Blutsfreunde und Verschwägerten, 
desto angenehmer das Alter: Kinderlosigkeit gewährt keine 
Vorzüge. 
:) Ursprünglich ist aber auch bei den Germanen die 
Sitte, schwächliche Kinder auszusetzen, verbreitet gewesen. 
2) Berühmte, oft zitierte Stelle, worin Tazitus die sitt¬ 
liche Überlegenheit der Germanen über das innerlich zer¬ 
fallende Römertum trauernd anerkennt.
	        
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