II. Griechische Geschichte. 2. Periode, 1100—500 v. Chr. 29
und Staatseinrichtungen anderer Völker kennen. Vom delphi¬
schen Orakel dazu aufgemuntert, ordnete er die Verfassung
Spartas im Anschluß an die bisherige Staatseinrichtung. Nach¬
dem er die Spartaner eidlich verpflichtet hatte, an den neuen
Gesetzen bis zu seiner Rückkehr nichts zu ändern, verließ er
Sparta und starb, ohne wieder zurückzukehren, in freiwilliger
Verbannung.
3. Das Hanptbestrebeu der lykurgischen Gesetzgebung
zielte darauf, die Spartaner zu einem kriegerischen Volke zu
machen und den einzelnen Bürger der Gesamtheit unbedingt
unterzuordnen. Stark im Innern und mächtig nach außen sollte
der Staat dastehen. Dies Ziel suchte Lykurg vor allem zu er¬
reichen durch die Erziehung der Jugend. Vom siebenten
Lebensjahre an wurden die Knaben in öffentlichen Gebäu¬
den unter Aufsicht der Obrigkeit erzogen. Bei der Erziehung
legte man das Hauptgewicht auf Abhärtung des Körpers und
auf Heranbildung zu kriegerischer Tüchtigkeit. Der Geist wurde
weniger ausgebildet, jedoch pflegte man Musik und Gesang, ließ
Gesetze und Sittensprüche auswendig lernen und gewöhnte die
Jugend an einen kurzen, bündigen Ausdruck der Gedanken (lakonische
Antworten); vor allem aber sollte Vaterlandsliebe, Gehorsam
gegen die Gesetze und Ehrfurcht vor dem Alter die spartanische
Jugend zieren. Auch die weibliche Jugend wurde abgehärtet;
schwächliche Kinder setzte man aus.
4. Der Gemeinsinn wurde auch bei deu Erwachsenen
gepflegt, dagegen die Selbstsucht, die Verweichlichung und die
Unmäßigkeit, so viel nur immer möglich, verhütet. Der gesamte
Grundbesitz blieb Staatseigentum; er wurde in 39000 Losen
unter die Bewohner verteilt. Davon erhielten die Spartiaten
9000 größere, die Periöken oder Laeedämonier, jedoch nur gegen
Abgaben an den Staat, 30(^00 kleinere Lose. Die über 80 Jahre
alten Männer vereinigten sich in Zeltgenossenschaften und nah¬
men gemeinsam ihr einfaches Mahl ein (die sog. schwarze
Blutsuppe). ^ Luxus, Handel und Verkehr mit Fremden war
verboten; die Münzen waren von Eisen. — Die Kriegspflicht
dauerte vom 20. bis 60. Jahre. Waffenübnngen und Jagd
war die Hauptbeschäftigung der Spartiaten.
5. Die lykurgische Verfassung beruhte aus der Aristo¬
kratie. Die oberste Leitung des Staates hatten von altersher
und auch nach Lykurg zwei Könige aus dem Stamme der
Herakliden. Sie waren Anführer im Kriege, Richter und Ober¬
priester. _ Ihnen stand die Gernsia mit 28 über sechzig Jahre
alten Mitgliedern beratend zur Seite, ferner die Volksversamm¬
lung, welche durch Zuruf die Beschlüsse der Gernsia annahm