I. Kapitel.
Verschüttete Wmerstiidte.
Herculaneum und Pompei.
Einen genauen Einblick in die realen Verhältnisse des
römischen Lebens verschafft uns die Durchforschung jener Stätten
des Altertums, die durch das Wirken geologischer Faktoren, durch
Äußerungen der Naturgewalt mehr oder weniger plötzlich in der
Weiterentwickelung gehemmt wurden; infolge dessen jette Stätten,
meist unter verhüllender, lange Zeit auch schützender Decke, uns
itt derselben Gestalt erhalten sind, in welcher sie zur Zeit ihres
Ausscheidens aus der Aktivität der Geschichte sich befunden haben.
Fossile Stätten, wie man sie nennen könnte, schon im Hinblick
darauf, daß der Sachverhalt den Naturforscher uicht weniger zu
interessieren angethan ist, als bcu Historiker.
Für den letzteren hat derselbe eine sehr große Bedeutung
und mit Recht bemerkte Goethe auf feiner italienischen Reise:
„es ist viel Unheil in der Welt geschehen, aber wenig, das den
Nachkommen so viel Freude gemacht hätte". Wir brauchen
nämlich nur jene hüllende Decke zu heben, um wie durch einen
Zauberschlag unter die Römer der gegebenen Periode uns ver¬
setzt zu fühlen und in ihren Städten herumwandeln zu können,
als wären wir Genoffen jener vergangenen Zeiten.
Unter den geologischen Faktoren, an die ich hier anknüpfe,
nimmt, wie allgemein anerkannt, die erste Stelle die vulkanische
Wirksamkeit des Berges Vesuvius au der campanischen Küste
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