fullscreen: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Kaiser Max und Albrecht Dürer. 
sellenhände mehr und mehr von den Bildern des Meisters. Zetzt erst 
heften sieb auch die Namen der Künstler an ihre Werke. So wird aus 
dem zünftigen Meister der von zünftigen Schranken freie Künstler. 
wir finden bei den Malern des Mittelalters mehr Künstlerfamilien 
als bei irgend einem andern Künstlerberuf. Diese Erscheinung hängt mit 
der Stellung der Maler im Gewerbestande zusammen. Das Handwerk 
erbte sich fort, solange es zünftig geschloffen war. Die Zunftordnung be¬ 
günstigte den Sohn des Zunftgenossen. Lehrzeit und Lehrgeld waren ihm 
verkürzt und leicht gemacht. Es verstand sich von selbst, daß sich der Sohn 
in des Vaters Geschäft setzte, wenn die Kinder eines Laufes durch mehrere 
Menschenalter malten und sich in der Malerei auszeichneten, so hat dies 
keine andere Bedeutung, als wenn zahlreiche andere Familien in der 
Weberei oder in der Goldschmiedekunst namhaft blieben. Manche künst¬ 
lerische Ämter wurden sogar ausdrücklich als erbliche angesehen, z. B. die 
Stellen eines Hofmalers, Hoftrompeters, Stadtzinkenisten, Kantors, Glocken- 
fpielers auf den holländischen Kirchtürmen, ja wohl gar die würden eines 
Hofpoeten und Hofnarren. Ze mehr Handwerk in einer Kunst steckt, je 
mehr äußere, technische Kunstgriffe sie erfordert, desto leichter kann sie sich 
vererben. Zm Mittelalter gab es noch ganze Sippen von Meistersingern; 
jetzt haftet die Dichtkunst nicht mehr an der Familie; sie ist eine freie Kunst 
geworden, frei von den Regeln und Gebräuchen des Meistergesanges. 
Noch im Zahre J655 schickten holländische Maler nach dem Haag 
eine Bittschrift, um von der Gemeinschaft mit der Tüncherzunft befreit zu 
werden; aber schon Kaiser Maximilian I. hält dem Maler Albrecht Dürer 
die Leiter, und König Heinrich VIII. von England sagt jenem Lord, der 
in Holbeins Werkstatt eindringen wollte, das bedeutsame Wort, er könne 
aus sieben Bauern sieben Lords, aber aus sieben Lords keinen einzigen 
hslbein machen. Nach W. H. Riehl. 
8ö. Kaiser Ulax und Albrecht Dürer. 
Das war Herr Max, der Kaiser; der war an Kdel reich; 
an ritterlichem Mute kam ihm kein Kitter gleich. 
Das war der Albrecht Dürer, der seine Kunst verstand, 
ein hochberühmter Meister im deutschen Vaterland. 
Da kam der Max zum Dürer; den Meister wollt' er sehn, 
der ewige Gedanken in Bildern ließ erstehn, 
Gedanken also herrlich, so hoch, so ernst, so rein, 
daß sie der Erde zeigen des Himmels Widerschein. 
vom Lob des edeln Kaisers beschämt, der Dürer schweigt, 
da wanket seine Leiter, indem er niedersteigt. 
Den Edelmann zur Leite, den ries Herr Max zur Hand, 
daß er dem Dürer halte die Leiter an der wand. 
Der Edelmann, der zaudert; ihm dünkt der Dienst zu schlecht; 
er spricht: „Des Malers Leiter, die hält gar wohl mein Knecht." 
Da sprach gar ernst der Kaiser: „wie tut dein Ltolz mir leid, 
der nicht den Künstler ehret, des Adel Gott geweiht!
	        
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