21. Zu spät. 5
Indem sieht er einen Knecht aus dem Hofe kommen; der trägt
einen Sack auf der Schulter und will schnell zum Hoftor hinaus. Er
eilt ihm nach und nimmt ihm die Last ab; denn in die Mühle sollte sie
nicht, sondern ins Wirtshaus, wo der Knecht stark auf der Kreide stand.
?Nach dem weißen Spatzen sehend, schaut der Bauer in den Kuh—
stall hinein, wo eben die Milchmagd einer Nachbarin durchs Fenster die
Milch zum orgentaffee reicht, und die Milch war nicht mit des Herrn
Maß gemessen „Eine saubere Wirtschaft das!“ denkt der Bauer und
weckt scheltend sein Weib und erklärt, das lange Schlafen müsse ein Ende
haben oder er wolle nicht Rückwärts heißen. Und bei sich selber denkt
er: „Stehe ich früh auf wie heute, so muß auch das Packvolk auf dem
Hofe heraus und dabei sehe ich am Ende doch den weißen Spatzen, und
will's das Glück, so fange ich ihn auch.“
. Wie aber der Bauer das etliche Wochen so getrieben hatte, da sah
er nicht mehr nach dem weißen Spatzen, sondern dachte allein an seinen
Vorsatz und aus dem Rückwärts ward bald ein Vorwärts. Und als
der Naͤchbar wiederkam und ihn fragte: „Wie slehs, Gevatter, habt Ihr
den weißen Spatzen gesehen?“ da lächelte der Bauer und drückte dem
Freunde die Hand und sagte: „Gott lohn's Euch!“
21. Zu spät.
Karl Enslin.
Du wolltest dein Blümlein begießen —
Da lag's schon verwelkt dir zu Füßen!
Du kamst zu spät, zu spät!
Dann wolltest du füttern dein Vöglein —
Da lag's schon verhungert im Tröglein!
Du kamst zu spät, zu spät!
5. Du wurdest zur Arbeit gesendet —
War längst schon von andern vollendet!
Du kamst zu spät, zu spät!
Geladen erschienst du zum Feste —
Geschieden schon waren die Gäste!
Du kamst zu spät, zu spät!
5. Was hilft nun dein Leid, dein Bedauern,
Dein Weinen und Klagen und Trauern ?
Es bleibt zu spät, zu spät!
b. Sie nützt nichts, verspätete Reue —
Triff richtig in Zukunft das Neue!
Komm nicht zu spät, zu spät!
2