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II. Kulturbilder.
Hause wohnten, fanden sich. Das war ein Lärm, da war Freude und
Leid und Zank und wieder Freude und wieder Zank und Liebe und
Freundschaft und Großmut, alles durcheinander. Doch es mochte eine
recht gute Art Leute sein; bei uns sind die Leute nicht so, auch hier
müsien nicht viele so sein, denn die ganze Gesellschaft im Saal wunderte
sich über sie, starrte mit Augen und Ohren sie an und vergaß Essen
und Trinken darüber. Sie waren freigebig, rechtschaffen, edel, hart
gegen sich selbst, wollten mit Gewalt glücklich machen und nicht glück¬
lich gemacht sein. — Da war eine hübsche Witwe, die betrübter war,
als sie aussah, eine Kammerjungfer, die mutwilliger aussah, als sie
war, ein vortrefflicher Wachtmeister, ein Kerl, der Geld hatte, und ein
junges, schlankes Fräulein, für die ich alles in der Welt hätte tun
können; ja, aber der Major von Tellheim tat auch als ein recht¬
schaffener Mann an ihr. Er hatte, konnte ich wohl merken, dem Fräu¬
lein die Ehe versprochen und wollte sie auch noch gerne haben, wollte
sie aber auch nicht haben, weil er unglücklich geworden war. Das junge
Fräulein freuete sich herzlich, daß sie ihren Tellheim wiedergefunden
hatte, wollte ihn mit allem seinem Unglück, sie stürmte erst mit freund¬
lichen, muntern Einfällen und edler Schalkhaftigkeit, dann mit verstelltem
Unglück und einer großmütigen Entsagung auf sein Äerz. O! ich kann
Ihnen nicht so recht sagen, wie das alles war; aber ich will Ihr Fritz
nicht sein, wenn mir nicht dreimal bei dem, was diese Leute sagten und
taten, die Tränen in die Augen getreten sind. Manchmal ward's
mir auch grün und gelb vor den Augen, und ich dachte, es würde tote
Leute geben; doch ging alles, gottlob! noch gut ab.
Das Fräulein war aus Sachsen und hieß Minna von Barnhelm.
Sie war so witzig, so ungekünstelt, so sanft, kurz, wie gesagt, ein junges
schlankes Fräulein, für die ich ungekannt und ohne Belohnung alles in
der Welt hätte tun können. Ich habe au/ meine eigene Äand Jubel
gesungen, daß die Sache so nach ihrem Wunsch ablief. Nun wird sie
wohl mit ihrem Tellheim schon auf ihre Güter in Sachsen gereist sein,
und ich werde sie nicht wiedersehen. Mag sie doch, wenn's ihr nur
wohl geht.
Vetter Steffens sagte mir im Vertrauen, daß ein Mann, der
Lessing heißt und der sich hier aufhalten soll, die ganze Geschichte ge¬
macht habe. Nun, so vergeb's ihm Gott, daß er dem Major und dem
armen Fräulein soviel Llnruhe gemacht hat. Ich will gewiß den Äut
nicht vor ihm abnehmen, wenn er mir begegnet. Aber zehn Taler
wollte ich darum geben, wenn ich noch einmal eine solche Geschichte
mit ansehen könnte. Mir war den ganzen Abend das §>erz so groß